Archive for the Category Fabeln

 
 

Verkannte Liebe

Ein Frosch an eines Brunnens Rand

saß dort ganz selbst verloren.

Er hoffte auf ein Liebespfand,

das er sich auserkoren.

Denn jeden Tag um zwölf Uhr zehn

sah er sie hier vorüber geh’n

und glaubte, dass sie ’s wüsste,

dass was geschehen müsste.

Im Märchen war es schön zu lesen,

von einem Frosch, der Prinz gewesen,

das sollte sie doch wissen

und ihn jetzt endlich küssen.

Das Mädchen sah den Frosch nicht an,

traf sich mit einem andern Mann,

den sie verliebt nun küsste.

Ach wenn sie es nur wüsste!

Was ihr da alles nun entging:

Ein Prinz, der sie gar lieb umfing,

vom Schlösschen ganz zu schweigen,

das ihr wohl wäre eigen!

Wer glaubt denn heut noch solche Märchen?

Verliebt ging aus dem Park das Pärchen

und ließ den Frosch allein,

der sah es traurig ein.

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Wer auf der Welt will reüssieren,

muss richtig auch kommunizieren.

Ein Blick allein sagt meist zu wenig,

wenn du noch Frosch bist und kein König.

Ingrid Herta Drewing

Katz und Maus

Dem Mäuschen war ein Coup gelungen,

war’s doch dem Kater Schnurr entsprungen,

bevor er es mit scharfer Tatze

gekrallt fürs Bio-Mahl der Katze.


Als Held fühlt sich das kleine Wesen,

denkt bald, so schlimm sei’s nicht gewesen

und überlegt voll Übermut,

wie’s foppen könnt’ den Kater gut.


Da Schnurr am Tische liegend ruht,

schiebt doch der kleine Tunichtgut

ein Teelicht ihm zur Schnauze ran,

zündet daran den Schnurrbart an.


Der Kater, der den Rauch erschnüffelt,

fühlt, dass er selbst so brandig müffelt,

stürzt in den Goldfischteich hinein,

löscht so das Feuer schnell allein.


Kaum ist er aus dem Teich entstiegen,

sieht Frauchen Fische tot dort liegen

und ruft erbost:“ Na, warte nur,

du Kater, das ist deine Spur!“


Die Maus das schadenfroh belacht,

dem Schnurr noch heimlich Fratzen macht.

Das bringt den Kater recht in Rage,

er folgt der Maus bis zur Stellage,

wo Frauchens Gläser aufgereiht,

damit zur Party sie bereit.


Und Schnurr, in seinem Zorn gefangen,

um an das Mäuschen zu gelangen,

springt aufs Regal mit einem Satz

und wirft die Gläser so vom Platz.


Das führt zu Scherben nach dem Klirren;

jetzt lässt sich Frauchen nicht beirren.

Zur Strafe muss der Kater nun

gefangen in der Kammer ruh’n,

in der nur Schrubber, Lappen, Besen

und Putzzeug, das nicht auserlesen

im Dunkeln weggeschlossen werden,

weil sonst ihr Anblick stört auf Erden.


Die Zeit will langsam nur verstreichen.

Zwei Stunden braucht’s ,um zu erreichen,

dass , nach elendem Miauen,

Frauchen kommt, um nachzuschauen.


Den Kater kümmert dieser Graus,

doch endlich lässt ihn Frauchen raus,

ermahnt ihn, fortan brav zu sein

und nennt ihn wieder Schnurrilein.


So kann es dir im Leben gehen,

Menschen glauben, was sie sehen.

Darum, bevor du Mausen gehst,

bedenk, ob du es auch verstehst!


Ingrid H. Drewing

Wa(h)lgesang

Anton, der Wal, das war ein Sänger,

bezirzte sogar Walfischfänger

mit seinem wunderschönen Sang!

Doch seiner Traumfrau, Wali Länger,

gefiel er nicht der kühne Sänger.

Sie mochte nicht den tiefen Klang.


Sie schwärmte für die hohen Töne,

die Walmann Ottokar, der Schöne,

so schmelzend rund ins Wasser stieß.

Und deshalb folgte sie auch gerne

diesem Tenor weit in die Ferne,

obwohl er sie dort bald verließ.


Das zeigt uns, Töne, die schön schmeicheln,

und auch die Seele lieblich streicheln,

sind vielen Ohren wohl bestimmt.

Ein Narr, wer sie für sich nur nimmt.

Das Faultier

Ein Faultier hing an einem Baum,

vertieft in seinen Urwaldtraum,

da kam im Sprung heran ein Affe,

rief:“ He, hast du denn nichts zu schaffen?

Mir scheint, du bist von dem Getier

mit Abstand wohl das faulste hier!“

Das Faultier langsam hob die Lider,

sah an den Affen, schloss sie wieder

und murmelte:“ Lass mich in Ruh,

ich muss nicht wuseln so wie du,

da ich auch sehr genügsam bin!

Ich sag dir meines Lebens Sinn:

In der Ruhe liegt die Kraft.

So mancher wie die Bienen schafft

und kann sein Leben nicht genießen.

Die Zeit wird ihm gar rasch verfließen,

und eh der Schaffer sich versieht,

ist ihm sein Leben schon verblüht.“

Der Affe stand da, staunend, stumm,

und dachte: Das ist gar nicht dumm;

selbst von dem Faultier kann man lernen.

Jetzt werd’ ich mich diskret entfernen.

Ingrid Drewing

Maus und Elefant

Es trafen sich an Baches Rand

zufällig Maus und Elefant.

Das Mäuschen zart begann zu nippen

am Wasser, drohte umzukippen.

Jedoch da half ihm sehr galant

mit Rüsselstütz’ der Elefant.

„ Hab’ Dank!“, sprach’s Mäuschen hingerissen,

„ich werd’ dir auch zu helfen wissen,

wenn du einmal in großer Not.“

Der Jumbo lachte sich halbtot

und sagte: “Ach, du kleiner Wicht,

du und mir helfen, das gibt’s nicht!“

Doch wie’s im Leben manchmal geht,

am gleichen Tag noch, abends spät,

steht jammernd nah dem Dornenbusch

der Elefant. Da kommt gehuscht

herbei die Maus in Helfers Pflicht.

Der Jumbo von dem Übel spricht.

In seinem zarten Rüssel vorn

sitzt fest und schmerzhaft spitz ein Dorn.

Das Mäuschen nun nicht lange fackelt,

bittet ihn , dass er nicht wackelt

und nagt den schlimmen Dornenzweck

schmerzfrei und emsig vollends weg.

Froh sich bedankt der Elefant

und sagt, er habe nun erkannt:

Ein Wesen, sei’s auch noch so klein,

sollt’ man gering nie schätzen ein,

weil es, gezeigt hab’s Mäuslein itzt ,

doch häufig sei auch sehr gewitzt.

Ingrid Drewing

Bärli und Brummel

Bärli saß am Waldesrand,

als sein Bruder kam gerannt,

um zu raufen und zu spielen

Bärli musste dabei fühlen,

dass der Brummel stärker war,

und das ärgerte ihn gar.

Deshalb kam der starke Regen

ihm jetzt wirklich sehr gelegen,

denn nun war sie schnell vorbei,

die Geschwisterrauferei.

Und als Bärli war allein,

überlegte er, wie fein

er dem Brummel mache klar,

dass er, Bärli, auch wer war.

Jäger hatten nun seit Tagen

dort ihr Lager aufgeschlagen,

wo der Wildbach in der Klamm

stürzt herab von Berges Kamm.

Am Abend, als schon alles tief

in der Bärenhöhle schlief,

weckte Bärli Brummel auf,

erzählte von dem Lagerfeuer

der Jäger und, dass er nun heuer

hingehn wolle unverhohlen,

um sich von dem Obst zu holen,

das man dort in Körben hätte.

Er sei mutig, und er wette,

Brummel traue sich das nie,

er bekomme weiche Knie.

Brummel sagte:“Sei nicht dummm!

Lass das!“,drehte sich dann um,

wollte endlich wieder ruhn,

aber unser Bärli nun,

wollte es tatsächlich tun.

Und eh Brummel sich versah,

war der Bärli nicht mehr da.

Doch das kümmert’ Brummel sehr,

er lief Bärli hinterher.


Und Bärli, wirklich ohne Bangen,

war zum Lager hingegangen.

Als ihn dort ein Jäger sah,

sagte der leis’:“Schaut mal da!

Dort das Bärenjunge klein

locken wir ins Lager rein,

fangen’s und verkaufen’s so

in der Stadt an einen Zoo.“

Sie stellten Äpfel, Honig hin

Und lockten so des Bärlis Sinn.

Und unser Bärli, noch so klein,

fiel auf diesen Trick herein.

Gesagt, getan mit einem Netz

wurde Bärli festgesetzt.

Er brummte, jammerte, dass bald

sein Klagen durch den Wald erschallt.

Dem Brummel war so nicht entgangen,

dass sein Bruder ward gefangen.

Er weckte Bärenmutter schnell,

sie rasten hin zu jener Stell,

wo sie hörten Bärli klagen,

um die Jäger zu verjagen.

Die rannten, ängstlich, aufgeschreckt,

ganz schnell und ohne Flinten weg.

Brummel und Mama konnten fein

ihr Bärli aus dem Netz befrein.

Als in der Höhle sie zurück,

war auch der Brummel voller Glück.

Und Bärli,der noch etwas matt,

war froh, dass er den Brummel hat

und dass der stärker ist als er,

das störte ihn nun gar nicht mehr.

Ein großer Bruder bei Gefahr

bedeutet Schutz, sieht er nun klar!

Bärli spielt Ball

Wie viele Kinder es gern mögen,

liebt Bärli auch, sich zu bewegen.

Schon früh am Morgen ist er wach,

macht dann beim Spielen lauten Krach.


Mit einem Ball, den er gefunden,

vertreibt er sich die frühen Stunden,

indem er kräftig schießend bolzt

und trifft damit den Tisch aus Holz.

Dabei ist er dann sehr verwirrt,

als eine Vase fällt und klirrt.

„Oh Weh, was mach ich dummer Bär?

Wenn Mama kommt, dann schimpft sie sehr.

Verboten war’s auf jeden Fall,

hier, wo man wohnt, zu spielen Ball.

Ich räume weg die Scherbenstück’,

bevor die Mutter kommt zurück.“


Als Bärlis Mutter kommt nach Haus,

sieht alles wieder sauber aus.

Nur auf dem Tisch, da fehlt die Vase,

und Mama Bär, die Aufspürnase,

merkt schnell, dass etwas hier nicht stimmt,

auch weil ihr kleines Bärenkind

ganz brav schon an dem Tische sitzt,

wo es doch sonst herum gern flitzt.

Und schon beginnt ihr prüfend Fragen:

„Bärli, willst du mir was sagen?“

Da nimmt der Bärenwicht nun gut

zusammen allen Bärenmut:

„Verzeih mir bitte, lieb Mama,

die Vase, die ist nicht mehr da.

Als sich mein Ball zum Tisch verirrt,

da hat es plötzlich laut geklirrt

Ich war’s, ich habe das verbrochen,

bin schuld, dass dieses Ding zerbrochen.


Oh Weh !“,denkt Bärli,“was wird jetzt?“

Doch die Mama , gar nicht entsetzt,

nimmt ihn ganz fest in ihren Arm,

und ihre Stimme klingt so warm:

„Mein Bärli, froh bin ich gar sehr,

dass du bist ehrlich, kleiner Bär.

Viel schlimmer als ein Haufen Scherben

ist’s, das Vertrauen zu verderben.

Doch du, mein Bärli, warst nicht schlecht.

Die Wahrheit sagen, das ist recht!“

Da ist der Bärli aber froh,

verspricht, er mache das nun so,

dass Ball er nur im Freien spielt

und dabei nur auf Tore zielt.

Ingrid Drewing

Bärli und der Lachsfang

Bärli liebt das Baden sehr

im frischen Bach, doch noch viel mehr

mag er es, wenn in den Schnellen

Jagd ist auf die Lachsforellen.

Mama und noch andre Bären

sammeln Fische zum Verzehren,

die sie ohne großes Bangen

sehr geschickt im Flusse fangen.

Mama zeigt ihm, wie es geht,

auch wo er am besten steht,

um den wilden Männerbären

ihren Zutritt nicht zu wehren.

Auch damit sich Bärli hält

und nicht in den Strudel fällt.

„Halt dich immer dicht bei mir,

dies, mein Bärli, rat ich dir!“

Bärli sieht die Lachse springen,

denkt, es sollt ihm doch gelingen

dort am kleinen Wasserfall,

wo sind auf dem Baumstamm all

die großen Bärenjungen,

fischend fröhlich ungezwungen.

Doch kaum ist er angekommen,

fühlt er sich doch sehr beklommen.

Auf dem Baumstamm balancieren

und die Fische schikanieren,

ist doch schwerer als gedacht,

und als man ihn ausgelacht,

läuft er voller Übermut

an des Wasserfalles Flut.

Bevor der Fischfang hat geflutscht,

ist er plötzlich ausgerutscht,

fällt gar tief ins Wasser rein

und fängt brummig an zu schrein.

Die Bärenmutter holt zum Glück

aus dem Wasser ihn zurück,

sagt:“Bärli,du musst viel noch lernen,

bevor allein dich kannst entfernen.

Auch Dummes solltest du nicht machen,

bloß weil andre Dumme lachen!“

Und Bärli brummt nun sehr verständig,

zum Glück ist er ja noch lebendig.


Ingrid Drewing

Bärli und die Bienen

Vor einem Baum steht Bärli stumm,

„War da nicht grad so ein Gesumm?“

Das Summen Süßes ihm verheißt,

er es von Bärenmama weiß.

Wenn sie geklettert hoch den Baum,

dann folgte bald ein Honigtraum.


Doch leider ist er hier allein,

da wird’s wohl nichts mit süßem Seim.

Sagte doch Mutter: “Hüte dich,

es tut sehr weh ein Bienenstich!“

Aber ,wie Kinder nun mal sind,

den Rat vergisst er nun geschwind.

Denn Bärli hat schon Lust bekommen

auf Honig, und so wird erklommen

der hohe Baum jetzt Pflock für Pflock,

ganz hoch bis hin zum Bienenstock.

Da herrscht ein Wuseln und Gesumme,

das Bärli freut sich mit Gebrumme,

will mit der Schnauze aus den Waben

den Honig holen, sich dran laben.

Jedoch das Bienenvolk gestört,

durch dieses Eindringen empört,

stürzt wild sich auf den Bärenwicht

und tobt und sticht, ein Kampfgericht.

Das Bärli schreit vor Schmerz:“Au wei!“,

sodass die Bärin eilt herbei.

Er purzelt grob den Baum hinunter,

verfolgt von Bienen, die sehr munter.

Die Bärenmutter ihm schon winkt,

ihn zu dem Teich ans Wasser bringt,

damit er kühlen kann mit Frische

die vielen schlimmen Bienenstiche,

sagt:“Kind, was manch Erwachsner tut,

ist längst noch nicht für Kinder gut.

Ihr solltet doch auf Rat und Lehren

der Mutter brav und sorgsam hören.“

Wespentaille

Zwei Wespen in der Sommerfrische

umschwirrten Torten, die bei Tische

als Nachtisch vorbereitet waren.


Die eine, etwas unerfahren,

begann die Sahne aufzuessen,

da sprach die andre Wesp’ besessen:

„Flieg lieber fort von dem Gedeck,

sonst ist die Wespentaille weg!

Und du wirst dick wie eine Hummel;

Ich sag’s dir, das ist kein Geschummel.“


Die so belehrte Wespe flog,

nahm Platz an einem Wassertrog,

ließ wegen ihrer Schlankheit Gaben

die andern sich am Kuchen laben

und lernte so als ihre Pflicht:

Das Leben fordert auch Verzicht.

Ingrid Drewing