Frühsommer hat sich angeschickt,
hier strahlend Sonne zu kredenzen.
Wohin man in die Landschaft blickt,
lässt sich erschauen und beglückt
im Grün ein farbenfrohes Glänzen.
Da leuchten Feuer, roter Mohn
hell lodert in den Wiesenmeeren.
Als spreche er der Kargheit Hohn
zeigt er am Rain des Sommers Lohn,
darf ganz dem Immen-Volk gehören.
Und die Allee hier, welch ein Duft
strömt aus den Blüten dieser Linden!
Er liegt so lieblich in der Luft
und säumt der Straße graue Kluft;
ich darf ihn nasenselig finden.
Inmitten einer Sommerwiese,
umwallt von Gräsern, rotem Mohn
spazieren wie im Paradiese
gemächlich hier auf grünem Vliese
Camille, Michel, der jüngste Sohn.
Im Hintergrund umrahmen Bäume
ihr helles, rot bedachtes Haus.
Der sanften Landschaft Mittags-Räume
erblüh’n im Glanz der Sommerträume
und locken hell ins Licht heraus.
Hier lässt des Malers Blick dich schweben,
wo Wolkenweiß Blauhimmel kennt
und Wiesenwogen, Mensch und Leben
natürlich, anmutig verweben,
was sonst so oft durch Hast getrennt.
Jahrtausende schon sprudeln deine Quellen,
„Aquis Mattiacis“, zur Römerzeit
bekannt die Thermen, sechsundzwanzig Stellen
halten noch heute Wasser heiß bereit.
Im Mittelalter warst du „wisibada“;
Bad in den Wiesen, vielleicht kleine Stadt.
Man darf vermuten, dass von fern und nah da,
wer konnte, kam und hier gebadet hat.
Mit Einwohnern, fünftausend, mein Wiesbaden,
warst Nassaus Hauptstadt im Großherzogtum.
Das Biebricher, das Stadtschloss seiner Gnaden
künden davon sowie der Landesdom.
„Weltkurstadt“ wurdest du genannt, Wiesbaden,
ab achtzehnhundertvierzig ward es laut.
Es fühlten sich viel Gäste eingeladen,
nachdem die Bahn nach Frankfurt war gebaut.
Nun ging’s bequemer, in der Welt zu reisen,
das Kuren in den Bädern war en vogue.
Die Gunst und Kunst wohl konntest du erweisen,
auch manchem Spieler, der sich selbst betrog.
Als man in Deutschland wilhelminisch wurde,
entdeckte Kaiser Wilhelm dich als Stadt,
ließ bauen hier, wo er ausgiebig kurte,
dir damals neuen Glanz verliehen hat.
Gesellschaftsmittelpunkt durftest du werden.
Was Rang und Namen hatte, fand sich ein.
Wo Goethe, Dostojewski einst verkehrten,
wollt‘ nahe man dem Kaiser nun gern sein.
„Nizza des Nordens“ wurdest du, Mondäne,
von Parks und Villen, Kunst, Kultur umkränzt.
Dein Wohlstand wuchs zu dieser Zeit, ich wähne,
auch für die „kleinen Leute“ hat’s geglänzt.
Dann nach zwei Kriegen war dies Bild verschwunden.
Doch blieb erhalten dir viel Bausubstanz
in Vierteln, Parkanlagen, die bekunden
im Stil des Historismus alten Glanz.
Du wurdest Landeshauptstadt hier von Hessen;
die Siegermacht neu teilte auf und ein.
Als Stammsitz der Besatzung, kann’s ermessen,
das „ Weiße Haus“ am Park lud dazu ein.
Du hast dich gut erholt, der Krieg liegt ferne.
Ich fühl‘ mich wohl, in dir, du grüne Stadt,
denn du bewahrst auch schön, obwohl moderne,
was uns Geschichte noch zu sagen hat.
In lindem Grün gefiedert, Bäume leuchten;
der milde Frühlingstag, so licht, gefällt!
Es scheint, als hätt‘ ein Maler in die Feuchte
ein Aquarell gepinselt, zeige schön die Welt.
Und üppig quellen dottergelbe Blüten.
Dort an des Baches Ranft sprießt Hahnenfuß,
wo auch Vergissmeinnicht weiß zu behüten,
ins Wasser blickend, Frühlings lieben Gruß.
Romantisch führen Historismus-Brücken,
kunstvolle Wege durch das Nerotal.
Der Schwarzbach speist zwei Teiche, lenkt die Blicke
zu alten Bäumen, artenreich an Zahl.
Du kannst noch heut‘, nach über hundert Jahren
die Einheit von Natur und Kunst erfahren.
*Der Park im Nerotal wurde in den Jahren 1897 bis 1898
angelegt. Nach seiner Fertigstellung waren fast 6.000 Pflanzen
aus vielen Ländern in der rund sechs Hektar großen Anlage zu finden.
„Verglichen mit anderen Anlagen verfügt das Nerotal über die größte Baumvielfalt.
Hier gedeihen unter anderem
der Korkbaum, der Japanische Perlschnurbaum, der Gebirgsmammutbaum, die Chinesische Zaubernuss, der Amerikanische Zürgelbaum und der Taschentuchbaum“ („Stadtgrün in Wiesbaden“,Umwelt-und Kulturdezernat Wiesbaden).
Ein Nebellied, still ruhend liegt der See.
Der Wind, er fächelt, flüstert in den Bäumen;
und rosig,lugend über Berges Höh’,
mag Sonne lächelnd nun den Tag erträumen.
Die Wiese ward von Tau zart wach geküsst.
Es glitzern, funkeln, schillern viele Perlen.
Das Vogelvolk, das freudig zwitschert, ist
geflogen in die Wipfel grüner Erlen.
Und bald erfüllt der Sonne goldnes Strahlen
das Tal; in lichtem Blau blinkt auf der See,
des Himmels Spiegel, wo zwei Wölkchen malen
sich sanft ins klare Bild, so weiß wie Schnee.
Andächtig stehst du, fühlst mit allen Sinnen
des Frühlingstages liebliches Beginnen.
Vielfältig, schön ist das Antlitz der Erde,
hell erscheinend im Glanze des Lichts.
Jeder Strahl, der in Farben sich bricht,
enthüllt es mit Zaubergebärde,
dies liebliche Leben und Werden,
das im Dunkel als Hoffnung noch spricht.
Vielfältig, schön sind die Klänge der Erde,
leise ertönend, tiefbrausend,laut.
Jedes Lied, das erklingt, zart vertraut,
entkleidet mit Geigergebärde
die Seele der stummen Beschwerde,
Harmonie wird in Liebe erschaut.
Vielfältig, schön sind die Düfte der Erde,
herb und würzig, süß, lieblich und mild.
Jede Blüte, sich öffnend, erfüllt,
weithin duftend, die Wiesenmeere,
und die Bäume, Kräuter und Ähren
verströmen sich zärtlich und wild
in der Erde betörendem Bild.