Archive for the Category Nachdenkliches

 
 

Götterdämmerung

Ratlos die Raben.
Wer sprach da von Weisheit?
Verbranntes Leben,
und kein Phönix
steigt auf aus der Asche.

Lichtwörter,
in den Wind geschrieben,
gesungen, gerufen.
Begreift doch,
hier endet der Weg!

Zwecklos,
sich golden zu gürten,
in Zobel zu hüllen!
Nichts wird helfen,
die blinden Tage
im Dickicht des Waldes
zu überstehen.

Und allmählich
rostet die Hoffnung
am Horizont
über der Eiswüste.

© Ingrid Herta Drewing

Fassungslos

(Anlässlich des entsetzlichen Massakers in Oslo

am 22.07.11)

Wie kann ein Mensch sich nur dem Wahn ergeben,
dass er, so fern von menschlichem Gefühl,
vernichtet tötet vieler Menschen Leben,
als übe er nur aus ein Video-Spiel?

Wie kann ein Mensch sich solchem Hass ergeben,
dass er sich nicht gestellt die ernste Frage,
wieso er dreist hier richtet über Leben,
Gott gleich bestimmt, beendet Menschentage?

Wie kann ein Mensch so sein, dass ohne Reue
er abtut, was er andern Leid’s getan,
verblendet sich bezieht auf Glauben, Treue,
sich sieht als Ritter, Retter auf der Bahn?

Wir stehen fassungslos dabei; die Fragen
stellt man sich, häufig ratlos, dieser Tage.

Ingrid Herta Drewing

Getrübte Frühlingsfreude

Als gäbe es ihn nicht, den Tod auf Erden,
so blüht sich nun der Frühling in mein Herz.
Ich fühl’ beglückt erglüh’n dies’ neue Werden,
vergesse kurze Zeit das Leid, den Schmerz.

Doch unbeschwert, wie sonst, kann ich nicht sehen
den Blütenrausch, der hier ziert meine Welt;
weiß ich doch, dass in Japan, Libyen gehen
die Menschen in den Tod, der viele fällt.

Ich wünscht’, ich hätte einen Zauberstab,
mit dem ich könnt’ das Unheil hier auf Erden
verbannen in ein fernes Sternengrab,
damit die Menschen alle glücklich werden.

Doch leider bin ich nur ein kleiner Wicht,
so bitt’ ich Gott, dass er verlass’ uns nicht.

Ingrid Herta Drewing

Verunsichert (Erinnerung an den Gau von 1986)

Der Himmel leuchtet blau,
spielt harmlos „heile Welt“,
als gäb’ es keinen Gau,
kein Leben, das nun fällt.

Die Seele fühlt nicht so,
denn düstere Gedanken
verhindern, dass sie froh
nun Sonnenlicht mag tanken.

Zu trügerisch erscheint
des Frühlings Farbkulisse,
obwohl er heut’ verteilt
den Duft, der Blüten Küsse.

Ach könnte, unbekümmert,
man wieder Schönes schauen!
Jedoch noch liegt zertrümmert
der heil’ge Schein, Vertrauen.

Ingrid Herta Drewing

Bemerkung

knospe2

Es scheint,

wir haben nur noch Augen für das Große.

Doch wie, wenn wir das Kleine nicht mehr sehn?

Erkennend aus dem Kleinen kann das Große,

die Welt in Lebensflammen uns entstehn.

Leichtfertig sind zufrieden wir mit Schatten.

Den großen, groben Umriss mag man gern;

und dennoch müssen Blüte, Frucht ermatten,

trägt sie das Kleine nicht, des Lebens Kern.

Ingrid Drewing