Archive for the Category Fabeln und Parabeln

 
 

Bärli beim Lachsfang

Bärli liebt das Baden sehr
im frischen Bach, doch noch viel mehr
mag er es, wenn in den Schnellen
Jagd ist auf die Lachsforellen.

Mama und noch andre Bären
sammeln Fische zum Verzehren,
die sie ohne großes Bangen
sehr geschickt im Flusse fangen.

Mama zeigt ihm, wie es geht,
auch wo er am besten steht,
um den wilden Männerbären
ihren Zutritt nicht zu wehren.
Mahnt, dass sich ihr Bärli hält
und nicht in den Strudel fällt.
„Bleib am besten dicht bei mir,
dies, mein Bärli, rat ich dir!“

Bärli sieht die Lachse springen,
denkt, es sollt ihm auch gelingen
dort am kleinen Wasserfall
wie den großen Bärenjungen;
die sind auf dem Baumstamm all,
fischend, fröhlich ungezwungen.

Doch kaum ist er angekommen,
fühlt er sich doch sehr beklommen.
Auf dem Baumstamm balancieren
und die Fische schikanieren,
ist doch schwerer, als gedacht.
Als man ihn dann ausgelacht,
läuft er voller Übermut
ganz nah an des Wassers Flut.

Bevor der Fischfang richtig flutscht,
ist Bärli plötzlich ausgerutscht,
fällt ins Wasser tief hinein
und fängt brummig an zu schrei’n.

Die Bärenmutter holt zum Glück
ihn aus dem Wasser schnell zurück, sagt:
“Bärli, viel musst du noch lernen,
bevor du dich kannst weit entfernen.
Auch solltest du nichts Dummes machen,
nur weil die andern Dummen lachen!“

Und Bärli brummt nun sehr verständig,
zum Glück ist er ja noch lebendig.

© Ingrid Herta Drewing

Bärli und die Bienen

Vor einem Baum steht Bärli Brumm.
„War da nicht eben ein Gesumm?“
Das Summen Süßes da verheißt,
er es von Bärenmama weiß.
Wenn sie geklettert hoch den Baum,
dann folgte bald ein Honigtraum.

Doch leider ist er hier allein,
da wird’s wohl nichts mit süßem Seim.
Sagte doch Mutter: “Hüte dich,
es tut sehr weh ein Bienenstich!“
Aber, wie Kinder nun mal sind,
den Rat vergisst er nun geschwind.
Denn Bärli hat schon Lust bekommen
auf Honig, und so wird erklommen
der hohe Baum jetzt Pflock für Pflock,
ganz hoch bis hin zum Bienenstock.

Da herrscht ein Wuseln und Gesumme,
das Bärli freut sich mit Gebrumme,
will mit der Schnauze aus den Waben
den Honig holen, sich dran laben.
Jedoch das Bienenvolk gestört,
durch dieses Eindringen empört,
stürzt wild sich auf den Bärenwicht
und tobt und sticht, ein Kampfgericht.
Das Bärli schreit vor Schmerz:“Au wei!“,
sodass die Bärin eilt herbei.
Er purzelt grob den Baum hinunter,
verfolgt von Bienen, die sehr munter.

Die Bärenmutter ihm schon winkt,
ihn zu dem Teich ans Wasser bringt,
damit er kühlen kann mit Frische
die vielen schlimmen Bienenstiche,
sagt:“Kind, was manch Erwachs’ner tut,
ist längst noch nicht für Kinder gut.
Ihr solltet doch auf Rat und Lehren
der Mutter brav und sorgsam hören.“

© Ingrid Herta Drewing,2009

Verpasste Chance

Ein Senkel und ’ne Schnalle
noch waren unbeschuht,
und wie in solchem Falle
gut Ding mit Weile ruht.

Sie lagen in der Lade
dort beinander dicht,
doch Schnallen-Stolz, wie schade,
nahm wahr Schnürsenkel nicht.

Der Senkel sich bemühte
und sprach die Schnalle an,
lobte den Glanz, die Güte,
die sie erbringen kann.

Die Schnalle ignorierte
jedoch, was er gesagt,
was er da so vollführte,
hat gar nicht ihr behagt.

Doch als dann Opas Enkel
zum Schuhband ihn gewählt,
vermisste sie den Senkel,
der ihr nun täglich fehlt.

So vieles, was gewöhnlich
uns vor dem Auge steht,
trifft plötzlich uns persönlich,
wenn es für immer geht.

© Ingrid Herta Drewing,2018

Unerfüllt

Es war einmal ein Stacheldraht,
dem war das eigne Dasein fad.

Statt stach’lig Felder zu umsäumen,
wollt er viel lieber glänzend träumen,
er sei ganz glatt und blank von Art,
der Teil von einem Biker-Rad
und rolle mit ihm durch die Welt,
weit weg von Stachelzaun und Feld.

Doch, wie’s oft ist mit schönen Träumen,
sie sterben meist in Alltags Räumen.
Er blieb so dornenhart besetzt
und hat manch Wesen dann verletzt.

© Ingrid Herta Drewing

Befreiung

Kiwischlange_o

So mancher, den die Lieb umschlungen,
ward nur für kurze Zeit beglückt.
Bald fühlt er sich beengt, gezwungen,
von zu viel Zuwendung erdrückt.

Er mag sodann den Ausweg suchen,
sein Leben nicht symbiotisch sei,
isst lieber trocknes Brot statt Kuchen
und fühlt lebendig sich und frei.

© Foto u. Text /Ingrid Herta Drewing,

Kiwi hält Rohr im Würgegriff

Silbengerangel

Hochmütig war einst das Präfix,
da es dem Wortstamm schritt voran,
und schaut‘ verächtlich auf’s Suffix,
das sich am Ende da schloss an.

Es legte auf „sein Prä“ viel Wert,
sein Abscheu galt dem schlichten Vor.
Als Prä-sident im Sprachgefährt
zog’s es zu Höherem empor.

Suffix belächelte dies nur,
solch Dünkel lag ihm völlig fern.
Doch ging’s ihm wider die Natur,
wenn Präfix spielte seinen Herrn.

So wehrt es sich, liest ihm Leviten
und sagt: „ Wer Präfix näher kennt,
der weiß, dass es nicht vor, noch mitten,
im Satz steht, sondern oft am End‘.

Da werd‘ dem Verbstamm es entrissen,
so etwas komme häufig vor,
jedoch ’s Suffix, am Platz, beflissen,
sei konjugierend mit am Tor.“

Wen stört’s, was heißt, Präfix, Suffix?
Mal nebenbei, ganz im Vertrauen,
der Linguist beim Worte Schauen,
nennt beide Teile auch AFFix

© Ingrid Herta Drewing,2017

Hasenpanier

Klein Hase nah dem Rapsfeld saß
und starrte vor sich hin
ins helle Feld, und seiner Nas‘
erschien dies nur als falscher Fraß
mit wenig Lustgewinn.

All überall war überm Land
die gelb‘ Sucht ausgebrochen.
Wo man sonst Kohl und Möhren fand,
wuchs nur noch dieser grelle Tand.
Von Flucht ward da gesprochen.

Versammelt saßen sie am Rain
zur Nacht,die alten Hasen,
und fragten sich, wie das könnt‘ sein,
dass nun die Menschen,so gemein,
die Hasen ganz vergaßen.

Der Mensch, der sei wohl recht verwirrt.
Die Monokultur-Felder
dies zeigten, dass er falscher Wirt;
im Fortschrittswahn sich hab‘ verirrt,
vernichte auch die Wälder.

Die Luft er außerdem verpeste,
nicht nur auf Autobahnen,
denn Stickoxide, üble Reste,
und CO2 verseuchten Feste
des Klimas, Wandel reiße Fahnen.

Man müsse hier auf’s Schlimmste hoffen,
dass es dem Menschen gehe schlecht,
denn nur, wenn er sich seh‘ betroffen,
halte er seine Augen offen,
bemerke, was ist gut und recht.

So sagten es die alten Hasen
und zogen fort mit Häsin, Kind,
um anderswo beruhigt zu grasen,
in Feldern,Wiesen, grünem Rasen.
Doch weiß ich nicht, wo man’s noch find’t.

© Ingrid Herta Drewing,2017

Der Starrsinn des Wetterhahnes

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Der Wetterhahn, er scheint verstimmt,
zeigt stetig nur von Ost nach West,
obwohl der Westwind Segel trimmt
und Wolken mit nach Osten nimmt,
hält’s Hähnchen seine Richtung fest.

Was ihn so unbeweglich macht,
dass er nur noch nach Westen schaut,
das frage ich hier mit Bedacht.
Ob er vielleicht als Gallus lacht,
nach Frankreich auf den Bruder schaut?

Mag sein, er ist auch irritiert,
weil dort Le Pen zu Hause ist,
Marine, die Tochter, reüssiert
und Europäer gern brüskiert
mit altem Zopf Nationalist.

Ob ganz profan nur Rost der Grund
für seinen Richtungsstarrsinn ist?
Von Weitem schwächelt der Befund,
was sich dem Auge so tut kund,
nur Anlass zur Vermutung ist.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2017

Eierei

Ein Ei sittsam im Becher saß,
des Menschen Frühstück abzurunden.
Doch dieser, der vegan nur aß,
verschmähte es als „üblen Fraß“,
hat es als deplatziert empfunden
und sagt’s dem Ober unumwunden.

Da ihm als König gilt der Gast,
versagt‘ er ’s sich, was einzuwenden
und kurzerhand das Ei er fasst‘,
samt Becher, ohne große Hast
mit seinen eleganten Händen,
um es zur Küche dann zu senden.

Dort ist die Kaltmamsell beglückt
und outet sich als Fan von Eiern,
sagt: „Dieser Mann ist wohl verrückt,
wie kann er nur, so schlecht bestückt,
schon früh am Morgen schimpfend leiern,
an Ostern ohne Eier feiern!“

Das Ei von Schimpf und Schand erschöpft,
glaubt fest, es hab sein Glück gefunden,
kein Gast, der es nun achtlos schröpft!
Jedoch, da ward es flugs geköpft,
die Kaltmamsell ersetzt‘ den Kunden
und aß es auf, ganz ungebunden.

Drum bist du Ei, dann meide Becher,
auch Körbe, bleibe brav im Nest,
nicht immer ist vegan ein Zecher!
Schon besser ist ein Hahn als Rächer,
der dich als Küken schlüpfen lässt,
und Kinder streicheln dich am Fest.

© Ingrid Herta Drewing,2017

Anpassungsproblem

Pieps Kopiepipps

Ein Wesen, das in zartem Flaum
kaum aus dem Ei geschlüpft,
erlebt schnell einen bösen Traum,
wenn es ins Kalte hüpft.

Die Zeit, die ihm da anberaumt
zum Warmgefieder-Finden,
wird, wenn es dabei angepflaumt,
zu mühevollem Schinden.

© Ingrid Herta Drewing,2017