Archive for the Category Fabeln und Parabeln

 
 

Sylvesters Silvester

Sylvester, jener frech‘ gewitzte Kater
war jüngst zum Jahresende auf der Pirsch,
denn an Silvester spielt er gern Theater
dort im Casino nah dem „ Weißen Hirsch“.

Zwar war’n ihm fast die Mäuse ausgegangen;
doch hatte er mit seinen letzten Glück,
gewann das, was ihm fehlte, zum Erlangen
den Tanz mit Mieze, Katzenfrau mit Chic.

Er führt‘ sie auf’s Parkett, gestand, er liebe
von allen flotten Miezen sie allein.
Jedoch sie meinte nur, das, was ihn triebe,
sei wohl bewirkt durch Alkohol im Wein.

Und außerdem hätt‘ sie schon einen Holden,
der ihr den Himmel hole auf die Erd‘,
der komme gleich und tilge Liebesschulden,
entführe sie auf einem weißen Pferd.

Sie ließ ihn stehen, wollte grad verschwinden,
da sprang Sylvester zu der Tür, den Schmerz
mochte er ohne sie so nicht verwinden
und griff sich in Verzweiflung ihren Nerz.

Da zeigte sie ihm wütend ihre Krallen.
„Was fällt dir ein, verrücktes Katervieh,
mich zu berauben, schmachtend anzulallen,
so einen blöden Typ sah ich noch nie!“

Sylvester ließ den Pelz zu Boden gleiten,
und wandte flugs von Mieze seinen Blick,
begann mit flottem Schritt davon zu schreiten,
es fuhr sein Kater-Stolz ihm ins Genick.

„Auch andre Mütter haben Töchter, schöne,
es muss nicht die verwöhnte Mieze sein.
Wie sagte Vater einst doch:’Liebe Söhne,
es gibt so viele liebe Kätzchen fein.’“

© Ingrid Herta Drewing,2016

Stoisch

Der August und der Augustin,
zwei Freunde, müde Krähen,
auf der Antenne, am Kamin
da sitzen sie,kein Weckamin
bewirkt, dass was geschähe.

Als seien sie vom Spätherbst nun
als Denkmal auserkoren,
im Nebel stoisch auszuruh’n,
so flügellahm, schier nichts zu tun,
fast einsam und verloren.

Der Elster lautes Keckern kann
sie nicht mal animieren.
Sie hören sich ihr Meckern an
und plustern sich kurz auf, um dann
bei Kälte nicht zu frieren.

Der August und der Augustin
die Hektik stets verschmähen.
Sie meiden Arbeit, Pflicht, Termin
und träumen sanft, dass sie Jasmin,
ihr Glück, einst noch erspähen.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Reife

Es trägt mein kleiner Apfelbaum
drei kleine Äpfel nur
trotz seiner vielen Blüten,
und Bienen, die sich mühten,
verblasste Frühlings Spur.

Auf dem Balkon fehlt ihm wohl Raum,
tief wurzelnd auszugreifen,
denn trotz der Blätter Grüne
zeigt seines Lebens Bühne
nur kümmerliches Reifen.

Auch Menschen schaffen’s manchmal kaum
ihr Können zu entfalten,
vergeuden ihre Gaben,
die sie von Haus aus haben,
zu oft will Leichtsinn walten.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Wunschtraum

Es war einmal ein Stacheldraht,
dem war das eigne Dasein fad.

Statt stach’lig Felder zu umsäumen,
wollt er viel lieber glänzend träumen,
er sei ganz glatt und blank von Art,
der Teil von einem Biker-Rad
und rolle mit ihm durch die Welt,
weit weg von Stachelzaun und Feld.

Doch, wie’s so ist mit schönen Träumen,
sie sterben meist in Alltags Räumen.
Er blieb so dornenhart besetzt
und hat manch Wesen dann verletzt.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Der Frosch im Automobil

Ein Frosch, der wollte Auto fahren;
er schwärmte halt für alles Schnelle.
Und da er noch sehr jung an Jahren,
war er gewiss sich nicht im Klaren,
dass ihm da drohten auch Gefahren
jenseits des Teiches Wasserstelle.

Der Storch fuhr vor, flott im Mercedes,
und lud das grüne Fröschlein ein,
sprach, heut‘ sei man ja nicht per pedes,
mobil sein auf vier Rädern, jedes
Getier in Wiese, Wald versteht es,
möcht‘ gern in seinem Auto sein.

Das Fröschlein ward sehr schnell gewonnen,
sah seinen großen Traum erfüllt,
merkt‘ nicht, welch Netz der Storch gesponnen,
wollt‘ sich in noblem Glanze sonnen
und warf den Ratschlag in die Tonne,
dass Frosch als Storchen-Futter gilt.

Ihr denkt, gleich wurde Frosch gefressen
vom Storch, wie es das Tier halt macht?
Der aber war nicht drauf versessen,
sich nur am Futter zu vergessen.
Er ward gefilmt und durft‘ nichts essen,
war auf sein Image da bedacht.

Erst heimlich nach dem Dreh, genüsslich
gönnt er den Frosch sich dann als Mahl.
Der zappelte und quakte tüchtig.
Jedoch das Leben ist zu flüchtig,
besonders, wenn man autosüchtig,
kann es schnell werden auch zur Qual!

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Känguru kauft Schuh

In Australiens Steppen-Land
Hoppeldei Dukaten fand,
die Seeräuber da verloren.
„Ei“, sprach er, „das trifft sich fein,
jetzt werd‘ ich mich kleiden ein,
chic bis zu den Ohren!“

Hoppeldei, das Känguru,
suchte lang schon für sich Schuh,
damit weite Sprünge
über Dornenhecken,
heißen Sandes Strecken
sollten ihm gelingen.

Kam nach Sydney in den Laden,
wo schon viele Leute baten
dass man ihnen was verkaufe.
Als sie Hoppeldei dort sahen,
riefen sie, er sollt‘ nicht nahen,
und begannen fortzulaufen.

Die Verkäuferin Mathilde
sah belustigt zu dem Bilde,
wie die Kunden sich benommen.
Höflich sie sich nicht beklagte,
ging zu Hoppeldei und fragte,
was er wünsche zu bekommen.

Nett fand Hoppeldei die Grüße,
zeigte seine langen Füße,
sagt‘, er brauche Schuhe.
Schade, meint‘ Mathilde, ja
in der Größe sei nichts da;
sie mache kein Geschmue.

Doch gebe es den Sattler Nick,
der wirke wohl mit viel Geschick;
das wisse hier auch jeder.
Sie werde ihn nach Schuhen fragen
für Hoppeldei, in paar Tagen
hätt‘ er ein Paar aus Leder.

Jedoch, man dürfe nicht vergessen
jetzt seine Füße auszumessen,
was sie sorgfältig taten.
Mathilde fragte noch nach Geld,
und Hoppeldei, ganz Mann von Welt,
der gab ihr zehn Dukaten.

Und in der Tat, drei Tage später
trug‘ Hoppeldei schon Schuh aus Leder,
flaniert‘ auf Sydneys Straßen.

Denkt ihr, dass das gelogen ist,
nur einer Zeitungsente Mist,
die im April wir lasen?

Ich weiß es nicht, war nicht dabei,
doch fänd‘ ich’s schön, wenn Hoppeldei
sich könnte kaufen Schuhe,
wenn Menschen wären wie Mathilde
humorvoll, freundlich,blieben milde
und machten kein Getue!

© Ingrid Herta Drewing,2014

Die Gerade

Es war eine Gerade,
die dachte :“Ach, wie schade,
dass ich so einsam bin!
So eine Parallele,
mit der fänd‘ ich als Stele
auch einen neuen Sinn.

Vielleicht, das wäre heiter,
wir fänden uns als Leiter
mit vielen kleinen Streben
und führten hoch hinauf,
des Früchte Erntens Lauf
im Kirschbaum zu erleben.“

So träumte die Gerade
auf ihrer Promenade
nur vor sich hin.
Den Kreis, der ihr Begleiter,
berührte sie kaum weiter,
Tangentensinn.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Der alte Wolf und der Fuchs

Den alten Wolf beäugte Fuchs,
hielt Ausschau auch nach Beute.
Ein Schäferhund von großem Wuchs
bewachte dort die Herde flugs,
ganz ohne Hundemeute.

Der Wolf fühlt‘ sich durch Hunger klamm.
Der Herde schnell entrissen
hätt‘ gar zu gerne er ein Lamm
und sann, wie er den Hund verdamm‘.
Da naht der Fuchs beflissen.

Er sprach: „ Mein Lieber, so allein
willst du ein Schaf hier jagen?
Der Wachhund beißt dich bös‘ ins Bein.
Lass‘ diesen Plan doch lieber sein,
sonst geht’s dir an den Kragen!

Ich weiß, es gibt hier in der Nähe
viele Gänse, unbewacht.
Ich fing jüngst dort mit meiner Fähe
fast ihrer fünfe, keine zähen;
ja, der Fang hat was gebracht!

Wenn du es willst, führ‘ ich dich hin;
gemeinsam lass uns jagen!
Hältst auf die Stalltür, bis ich bin
beim Federvieh, uns zum Gewinn.
Was ist, woll’n wir ’s nun wagen?“

Der Wolf, vom Hunger arg geplagt,
war leicht zu überrumpeln,
hatt‘ kaum, dass ihn der Fuchs gefragt,
mit ihm den Gänsefang gewagt.
Zum Stall sah man ihn humpeln.

Brav hielt er dort die Tür weit auf.
Die Gänseschar laut schnattert‘.
Der Fuchs schnappt‘ eine aus dem Hauf‘
und rannte weg in raschem Lauf,
Wolf stand stumm und verdattert.

Und schon ward’s nah im Hause hell.
Dann knallte eine Flinte.
Der Wolf nun hastet weg sehr schnell,
hört‘ Schüsse, hündisches Gebell,
erkannte Fuchses Finte.

Der wartete wohl nicht auf ihn,
tat bös ihn überlisten,
um ihm die Beute zu entzieh’n,
dieweil er musst‘ vor Hunden flieh’n,
sein Leben mager fristen.

Drum denke nach, wenn dir ein Fuchs
laut anpreist seinen Plan,
sonst wird dir nur was abgeluchst,
und dir bleibt schnöder Wahn!

© Ingrid Herta Drewing,2014

Zeichensetzung

Zwei Sätze, ungebunden,
die hatten sich gefunden.

Es wurde hin und hergefunkt,
doch dabei störte sehr der Punkt.

Und auch das Komma, wie man sah,
war ihnen nicht willkommen da .

Jedoch wollten die Zeichen
von ihrem Platz nicht weichen.

Sie fanden sich als Brücke,
und schlossen so die Lücke.

Einigkeit hat ihren Lohn,
sie grüßten als Semikolon.

© Ingrid Herta Drewing

Grillensänger

Mit einer Pflanze importiert,
ist ungebeten er gekommen.
Jetzt zirpt er hier, ganz ungeniert,
hofft, dass ein Weibchen ihn vernommen.

Er weiß nicht, dass hier keine ist,
die seinen Paarungsruf will hören.
Doch mir vermag der Lockung List
die Ruhe in der Nacht zu stören.

Zu schrill ist Heimchens Sehnsuchtszirp,
sodass ich ihn nun werde fangen
und exportier’n; gedeih, verdirb!
Mag er woanders Lieb‘ erlangen.

So manchen Sängers Minnelied
trifft in der Welt auf fremde Ohren,
und es erreicht nicht das Gemüt.
Die Liebesmüh‘, sie ist verloren.

© Ingrid Herta Drewing,2014