Archive for September 2009

 
 

Herbstgerüche

Jetzt naht der Herbst mit seinen Wohlgerüchen,

erinnert an vergangne Kinderzeit,

als wir gespannt und brav in Mutters Küche

gewartet bis der gute Schmaus bereit.


Es roch nach Mus und leckrer Marmelade,

nach Pflaumen, Äpfeln, Nelken, Zimt, Anis,

ein kleiner Vorgeschmack der großen Gnade,

Adventszeitfreude, Weihnachtsparadies.


Auch auf den Feldern die Kartoffelfeuer

nach einem arbeitsreichen Erntetag

waren mir damals noch recht lieb und teuer,

wie wenig doch den Hunger stillen mag.


Es sind die kleinen Freuden, die wir lieben,

und ein verklärter Blick zurück nun schaut,

das, was uns rührte, zärtlich ist geblieben

als teurer Schatz, dem unser Herz vertraut.

Ingrid Drewing

Spätsommerversprechen

l Noch streicheln uns des Sommers goldne Hände.
An hellen Tagen in der Mittagszeit
streift er recht übermütig durchs Gelände,
küsst Rosenknospen, hilft ins Blütenkleid.

Er mag die kleine Welt nicht schon verlassen,
die Wälder, Wiesen, Gärten sind ihm gut;
er will hier blühen und noch reifen lassen
in seiner warmen , milden Sonnenglut.

Lässt Bienen Pollen flugs in Waben tragen,
den Trauben hilft er prall und süß zu sein,
erleichtert Liebenden das Sehnsuchtssagen,
lädt sie zur Bootsfahrt auf dem Flusse ein.

Dort schenkt er dann, auch den verwöhnten Blicken
sein Liebespfand im Sonnenuntergang,
den Rosenhimmel, und verspricht im Glücke
die Wiederkehr ein Sommerleben lang.

Ingrid Drewing

Vorahnung

Ich sah den Herbst

in deinen Zweigen

und hoffte dennoch,

dieser Sommer

währt noch lang.


Ein Blatt,

das abwärts gleitend

meine Wange streifte,

nahm mahnend Abschied,

und mir wurde

tränenbang.

Ingrid Drewing

Wa(h)lgesang

Anton, der Wal, das war ein Sänger,

bezirzte sogar Walfischfänger

mit seinem wunderschönen Sang!

Doch seiner Traumfrau, Wali Länger,

gefiel er nicht der kühne Sänger.

Sie mochte nicht den tiefen Klang.


Sie schwärmte für die hohen Töne,

die Walmann Ottokar, der Schöne,

so schmelzend rund ins Wasser stieß.

Und deshalb folgte sie auch gerne

diesem Tenor weit in die Ferne,

obwohl er sie dort bald verließ.


Das zeigt uns, Töne, die schön schmeicheln,

und auch die Seele lieblich streicheln,

sind vielen Ohren wohl bestimmt.

Ein Narr, wer sie für sich nur nimmt.

Sommers Abschied

In goldnen Farben
prangen Felder, Wiesen
und Heuduft würzt
die weiche Luft.
Jetzt ist die Zeit,
zu ernten, zu genießen;
zum Sommerabschied
sanft der Frühherbst ruft.
So muss ein Abschied sein,
so liebevoll und warm,
getragen von dem Hoffen
auf ein Wiedersehensfest,
wie jetzt der Sommer
zart im Sonnenschein
die kleine Welt umarmt,
bevor er sie
für lange Zeit verlässt.
Ingrid Drewing

Steppenlied

Oh, diese Weite!
Weite, die wie ein Verlangen
mir in die Seele dringt in einem Blick,
schier endlos, dennoch traumverhangen,
ein Lied in Moll um trauriges Geschick .

Ich seh‘ sie zieh’n,
die sehnsuchtsvoll es sangen.
Auf Pferden ritten sie in schnellem Lauf,
und ihre Worte, die im Winde klangen,
sie lösten sich wie fremde Rätsel auf .

Die Weite und der Wind,
die sanft geneigten Hänge
der fernen Berge, die im Abendschein
sich glühend lösen aus der Schatten Enge,
betören tief mein stadtbestimmtes Sein.

Sie raunen zärtlich
wie der Steppengräser Wogen,
den süßen Abschiedsschmerz in mein Gemüt.
Ein Rausch, ein Klang, der nie verflogen ,
durchzieht pulsierend mein Geblüt .

© Ingrid Herta Drewing

Der Liebesbrief

Heut fand ich ihn, ganz tief in der Kommode,

schon leicht vergilbt, den ersten Liebesbrief.

Du schriebst aus Wien, es war zwar keine Ode,

doch deine Liebe sprach so wahr, so tief.


Zwar sind nun viele Jahre längst vergangen,

und fast vergessen ist die Stunde, als Du gingst;

und doch erinnere ich mich an dies Verlangen,

als du zum letzten Mal mich lieb umfingst.


Die Eltern zogen fort, hast folgen müssen;

dein Leben nun verlief in einem andern Land.

Von unsrer Jugend Liebe , unsren Küssen

blieb nur der Brief  in meiner Hand.


Das Glücksgefühl , das damals mich erfüllte ,

als ich ihn, heimlich lesend, fast verschlang,

das deine Liebe mir so schön enthüllte,

bewahre ich seitdem mein Leben lang.

Ingrid Drewing

Ersatz

Die IFA, jedes Jahr ein Hit,
zeigt, dass die Technik hier ist fit,
beglückt Besucher mit Finesse,
medial erweckt sie Interesse,
regt Kauflust an, verlockt die Kunden
mit Neuem, was man hat erfunden.

Vom Publikum , dort reich umringt,
befragt, was Zukunft mit sich bringt,
verkündet ein Professor stolz,
Objekte lieben, dieses soll’s
in Kürze ganz alltäglich geben,
Gefühl mit Robotern erleben.

Statt menschlicher Geselligkeit
sei elektronisch stets bereit
zum Knutschen, Knuddeln,
weich im Wuscheln,
ein künstlich Wesen,
schön zum Kuscheln.
Ein Knopfdruck, in Sekundenzeit
sei man befreit von Einsamkeit.

Er sprach dies mit Verheißungsblick,
als läge darin größtes Glück.
Ich sah und hört es mit Entsetzen;
wie kann man daran sich ergötzen,
anstatt sich menschlich zu begegnen,
ein Surrogat so abzusegnen !

Was wäre das für eine Welt,
in der der Mensch sich so verhält,
wenn er, dem Leben fern, allein,
verstrickt im Automatensein,
ohne Gefühl und ohne Liebe
nur ein Modul im Schaltkreis bliebe?

Ingrid Drewing ,2008

Tagesbeginn

Sonnenaufgang

rotgolden strahlend.

Über dem Fluss

grüßt die alte Brücke

Lächeln

Lächeln,

lieber Blick,

ein herzlicher Gruß

am Morgen im Bus,

Sonnenaufgang

Ingrid Drewing

Septembermorgen

Der Erde zarte Nebelhülle

entschleiert lind des Tages Licht;

vom Tau geküsst, sanft in der Stille,

erwacht ihr liebliches Gesicht.


Ein Strahlenspiel, unzähl’ger Perlen

Geschmeide ihre Wiesen schmückt,

und überm Schattenriss der Erlen

glänzt golden Sonne und beglückt .

Ingrid Drewing