Archive for Januar 2011

 
 

Winternebel

Kühl sind die Tage, und die Nebel halten
die Stadt gefangen und den Atem an.
Ich möcht’ den Vorhang weit aufreißen, walten
dass endlich Sonne man erblicken kann.

Zwar können wir die Räume schön erhellen,
wir schaffen künstlich unser eignes Licht,
jedoch der Sonne warme Strahlenquelle
ersetzt uns dieses Scheinen dennoch nicht.

Wer sehnt sich nicht nach blauem Himmel, Weite,
nach Wärme und der hellen Sonnenglut?
Denn fern von Smog frei atmen, das bereitet
uns Wohlgefühl, tut Körper, Seele gut.

Auch ich ersehne Wetterbesserung,
damit das Sonnenlicht mich bringt in Schwung.

Ingrid Herta Drewing

Der lebendige Schneemann

Es stand ein Schneemann in der Nacht
ganz einsam vor dem Haus,
von seinem Schöpfer unbewacht,
der schlief sich gründlich aus.

Da kam ein Trunkenbold vorbei,
der war ihm nicht geheuer,
blieb steh’n vor ihm, verlangte frei,
dass er ihm gebe Feuer.

Als Schneemann kannte er nur Licht,
auch konnte er nichts sagen.
Der Mann, erbost, verstand das nicht,
begann ihn bös’ zu schlagen.

Es fiel sein Hut, die Nasenrübe,
doch blieben Augen und der Kopf.
Der Mond erbarmte sich in Liebe
und half sogleich dem armen Tropf.

Ein Mondstrahl holte ihn ins Leben,
und plötzlich schlug das kalte Wesen
mit viel Elan, er konnt’ ihn heben,
den Wüstling tüchtig mit dem Besen.

Der war nun seinerseits verdutzt,
floh vor dem Schneemannswicht,
da er nun, arg zurechtgestutzt,
auf mehr nicht war erpicht.

Der Schneemann pappt’ die Nase an,
setzt wieder auf den Hut,
und dankte froh dem Mond sodann,
weil dieser ihm war gut.

Ingrid Herta Drewing

Klarer Wintertag

Ja, endlich ist des Nebels Flaus gewichen,
befreit ist alles von dem Einheitsgrau.
Wie müd’ war ich, bin jüngst nur noch geschlichen
und sehe nun erlöst des Himmels Blau.

Der klare Tag schenkt mir so frohe Stunden.
Zwar ist es kalt, doch Sonne hell erstrahlt.
Ein Wintertag zum Wandern, wie gefunden,
der glänzend sich jetzt in die Landschaft malt.

So lob ich mir die vierte Jahreszeit.
Schon in der Frühe bin ich froh und munter,
voll Tatendrang, zum Ausgehn auch bereit
und laufe singend flugs die Treppen runter.

Im Freien zu genießen frische Luft,
warm eingemummt in meiner Winterkluft.

Ingrid Herta Drewing

Winterbilder

Silberkristalle
tanzen um die Laterne,
Winternachtszauber.

***
Bäume im Nebel,
die verschleierten Äste
greifen ins Leere.

***
Über die Berge
kriecht eine rote Sonne,
schaut lächelnd ins Tal.

Ingrid Herta Drewing

Dankgebet

Herr, da sich neigen meine Erdentage –
ich fühle, der Zenit ist überschritten –
will ich, obwohl mein Herz gebiert noch Fragen,
dir danken für des Lebens lichte Mitte.

Auf dieser Erde hier als Mensch zu leben,
inmitten reicher Vielfalt der Natur,
als Teil davon, in Liebe sich verwebend,
in Freude auf des Lebens schöner Spur.

Da mag der Tag nun ruhig ins Dunkel gleiten;
auch ohne Mond und Sterne in der Nacht
wird mich mein Glaube leuchtend hell geleiten
auf deinem Gnadenweg, der Liebe Macht.

Geborgen ganz in deinen Vaterarmen,
getragen sanft von Güte und Erbarmen.

Glücksklee

Als Kinder waren wir bestrebt,
doch möglichst dieses Blatt zu finden,
das uns vierblättrig, hell im Klee
dann sollte unser Glück verkünden.

Du fandest nie dies Glückskleeblatt,
hast deine Hoffnung leicht gelupft
und dann das fünfte, grüne Blatt
still, Schicksal spielend, ausgerupft.

So ist es wohl im Leben oft,
wir fördern selbst, was uns beglückt.
Wer sich ergibt und gar nicht hofft,
den weist Fortuna gleich zurück.

Und wenn sie dir auch prophezeien,
dein Stern, der stünd’ im falschen Haus,
dann weißt du, sie sind alle Laien.
Dein Stern, er leuchtet, lacht sie aus.

Ingrid Herta Drewing

Der Kuss

Ich fühl’ ihn noch, es bebten unsre Lippen,
in deinen Armen liegend, ward mir heiß,
der ersten Liebe Kuss, ein zärtlich Nippen,
und langsam schmolz des Winters starres Eis.

Wir spürten eine Sonne, die uns strahlte,
und waren lieb geborgen in dem Traum,
der Glanz und Glück in unsre Augen malte,
und leise fiel der Schnee, wir merkten ’s kaum.

Seitdem ist sehr viel Zeit ins Land gegangen;
sie trennte uns, wir haben uns verloren,
gereift ein neues Leben angefangen
und liebend andre Partner auserkoren.

Jedoch an diesen Wintertag, den Kuss
muss ich noch heute manchmal lächelnd denken;
mir wurde damals schön und zart bewusst,
was Liebe ist, was sie vermag zu schenken.

Ingrid Herta Drewing

Winterleid

In den erstarrten Schnee
den Fuß gesetzt,
kein Flockenweich
ist mir begegnet,
womit vor kurzem noch
die Landschaft
war so sanft gesegnet.

Fast feindlich
ist des Winters Blick.
Gebeugt, zerbrochen
sind die stolzen Bäume.
Am Wegesrand
liegt Stück für Stück
die Hoffnung
meiner Sommerträume.

Du musst ’s ertragen!
sagt mir mein Verstand.
Dir hilft kein Klagen
und kein trübes Sinnen.
Was hier
ein jähes Ende fand,
verlangt von dir,
neu zu beginnen.

Ingrid Herta Drewing

Venedig im Winter

Der Winterhimmel spiegelt sich türkis
in deinen stillen Wassern der Kanäle.
Ja, Serenissima, es ist, als hieß’
dich nun Natur, dein Märchen zu erzählen.

So sanft und lieblich deine Schönheit, klar,
die dir Touristenmassen sonst fast rauben.
Dein edler Zauber wird zart offenbar,
und nicht nur Canaletto würd‘ das glauben.

So oft schon totgesagt, dem Meer ergeben,
erstrahlst du hell in Anmut ferner Jahre,
Jahrhunderte erzählen hier dein Leben;
noch immer trägst du Gold in deinen Haaren.

Bist alt, jedoch dein edles Angesicht
ist mir an diesem Wintertag Gedicht.

Ingrid Herta Drewing

Erwartung

So wie der Apfelkern in dem Gehäuse
sanft reift, für jenen fernen Tag bestellt,
an dem er mit der Frucht, sich lösend, leise
vom Zweige nieder auf die Erde fällt.

So wartest du auch hier auf ein Gelingen
der Pläne, Taten und des Lebens dein,
bis dann dein schlummernd’ Lied beginnt zu singen,
und klingt, hört auf, nur vage Traum zu sein.

Begleitet wohl von einem tiefen Glauben
und Hoffen, dass dich segne Gottes Hand,
beschützen werde, und die Friedenstauben
auch weiterhin hier weilen in dem Land.

Denn dort, wo Liebe in der Welt regiert,
gedeihen Früchte, die man nicht verliert.

Ingrid Herta Drewing