Archive for Juni 2011

 
 

Blendwerk

Das Fenster auf dem Dach, als greller Spiegel
zeigt es der Sonn’ am Mittag, was es kann.
Mit seinem Leuchten, das so ungezügelt,
strahlt es uns hier im Schatten blendend an.

Es sendet seine hellen Lichtsignale
weit in den Himmel, in die Welt hinaus.
Sonst unbeachtet, eigen dem Trivialen,
nimmt es sich jetzt als was Besondres raus.

Als sei der Schein, so gleißend, nicht geliehen,
und es die Quelle selbst, die dieses Licht
erzeugt in stetem, eifrigem Bemühen,
nicht Fenster, Spiegel, Reflektieren Pflicht.

Die Zeit vergeht, und auch der Sonne Bogen
verändert sich in dieses Tages Lauf.
Nun blickt das Fenster stumpf, es hat getrogen.
Vorbei! Geborgtes Strahlen hörte auf.

Ingrid Herta Drewing

Zurückgezogen

Dass du noch lebst, lässt wirklich mich erstaunen.
Es schlägt dein Herz so langsam nur im Takt,
als folge es jetzt eines Traumes Laune
und wäre sanft in Watte eingepackt.

Als rührten hier nun alle Sensationen
dich nicht mehr; sanft in weichen Schnee gehüllt,
im Winterschlaf vermeidend die Aktionen,
dass nichts, wie sonst, vor Freude überquillt.

Doch du bist wach, nimmst diese Welt wohl wahr;
dein blauer Blick erschaut hier alles klar,
und dennoch wahrst du auch Distanz zum Leben.

In deiner Einsamkeit, die keiner sah,
bist du gedanklich aber vielem nah
und lächelnd auch bereit, dich hinzugeben.

Ingrid Herta Drewing

Im Gedächtnis

Vergänglich, auf des Tages Blatt geschrieben,
dem Schatten dieses Lebens auf der Spur,
ein stetes Kreisen, Sprechen, Schreiben, Üben
sind wir ja meistens Epigonen nur.

Wir nehmen unser Reden viel zu wichtig.
Das Wort wird uns zum Weihrauch, der gefällt,
und dennoch ist doch manches gar zu nichtig,
was uns beschäftigt und in Atem hält.

Von vielem, was gesagt im Sonnenlicht,
mag vielleicht bleiben nur ein zart‘ Gedicht,
das wer an einem Frühlingstag geschrieben,
erfüllt von reinem, grenzenlosem Lieben.

Denn Liebe, die in ihrem Wesen wahr’,
berührt , bewegt uns, wir erfühlen ’s klar.

Ingrid Herta Drewing

Mein Hund

Ich hatte, als ich Kind war, einen Dackel.
Recht eigenwillig war der kleine Hund,
wenn er was wollte, gab es kein Gefackel,
und manches Mal trieb er es all zu bunt.

Mein Dackelchen, das hatte lange Haare
und treue Mandelaugen, dunkelbraun.
Es grenzte schon ans Wunderbare,
was er erreichte durch sein liebes Schauen.

Wir beide tollten munter durch die Wälder
und durch die Wiesen, viele Jahre lang,
vorbei an Gärten, über Stoppelfelder.
Mit meinem Dackel war mir niemals bang.

Denn er war treu, wich mir nicht von der Seite;
und als ich einmal viele Tage krank,
saß er am Bett und suchte nicht das Weite,
sah mich lieb an, als gelte mir sei Dank.

Und als ihn, hoch betagt, der Tod genommen,
verschwamm in Tränen meiner Kindheit Licht.
Mein treuer Hund würd’ nie mehr zu mir kommen.
Ich sollte tapfer sein, doch konnt’ ich’s nicht.

Ingrid Herta Drewing

Liebe

Wer liebt,
der wendet den Blick.
Er gibt,
nichts fordernd zurück,
sieht das Du,
hört gut zu.
Die Liebe ist es,
die ihn beschenkt,
seinen Weg lenkt
mit zartem Gespür
zum glücklichen
Wir.

Ingrid Herta Drewing

Ohne Warum

Wäre ich eine Rose,
blühend im Sommerrot,
schützten mich
Sonne und Regen,
nähmen drohende Not.

Käme ein Schmetterling,
wäre zu Gast,
frei aller Last,
sanft in des Mittags Licht
zartes Blütengesicht.

Und keine Hast
würde mein Leben ergreifen.
Ohne Warum
würde ich wachsen
und reifen.

Ingrid Herta Drewing

Wolkengleich

So flüchtig wie die Wolke ist das Leben.
Noch eben schwebend hoch in Himmels Blau,
türmt sie sich auf, Gewitter wird es geben,
was vordem weiß, verschwindet ganz im Grau.

Sich dann im Hagel, Regen zu verschwenden,
bis wieder Sonne hell am Himmel bleckt,
und in den Wassern sich zur Erde wendend,
vielleicht im Regenbogen noch entdeckt.

So wandelt alles sich in stetem Werden
und Enden, hier im Kreislauf der Natur.
Auch wir sind doch nur Gäste hier auf Erden
und hinterlassen unsre kleine Spur.

Ingrid Herta Drewing

Pfingstgedanken

Nicht Mauer sein, nicht Wall, der alles trennt,
die Tür sein, die in Freiheit, Weite führt,
die Brücke, die verbindet, was getrennt,
ein Mensch sein, den die Nächstenliebe rührt.

Nicht Feuer sein, im Wahn die Welt zerstörend;
doch Frühlingsregen, der die Erde netzt,
sie hegend, auf des Lebens Stimme hörend,
der Sonne gleich, die sie ins Blühen setzt.

Mit wachen Augen durch das Leben gehen
und Fehler nicht nur bei den Andern sehen,
von Eitelkeit geblendet und gehemmt.

Sich nicht im Starrsinn dumpf ums Ego drehen,
versuchen, andre Menschen zu verstehen,
erscheinen sie zunächst auch noch so fremd.

Ingrid Herta Drewing

Glaubensfrage (An G.B.)

Glaubst du ernsthaft, dass es nur die Leere gibt
und das Ich, gezeichnet, nur sein Leben schreibt,
dass uns wirklich niemand außer uns auch liebt
dass von uns einmal nur graue Asche bleibt?

So wie alle Sterne, die verglühen,
noch nach Jahren Licht ins All aussenden,
mögen wir in unserem Bemühen
unsre Tage leben und verschwenden?

Ist dies alles wirklich nur ein kurzes Spiel:
Leben, Liebe, Leiden, Nehmen, Geben,
wir unkundig, ohne Wissen, Weg und Ziel
tausendfach uns in der Welt verwebend?

Nein, ich glaube, dass uns Gottes Gnade, Geist
seinen Weg in Jesus Christus liebend weist.

Ingrid Herta Drewing

Liebende

Es sind die Liebenden, in deren Blicken
das Leben darf den Himmel offen sehen,
wenn zärtlich sich verweben die Geschicke,
im Rosenlied ein blühendes Verstehen.

Es sind die Liebenden, die staunend finden
dort, wo sonst Trübsal herrscht, nun neue Kraft;
beflügelt werden sie auch überwinden
den tiefsten Graben, der auf Erden klafft.

Denn ihre Seelen hören Himmels Klänge.
Sie haben schon ihr Paradies erschaut.
Die Liebe trägt sie aus des Kleinsinns Enge
und bleibt, solang’ sie währt, ihr Engel traut.

Ingrid Herta Drewing