Archive for Juni 2011

 
 

Agave

Einmal im Leben nur blüht die Agave,
und lieblich entfaltet sie ihre Pracht,
als Kerze hell leuchtend, Traum, fern dem Schlafe,
erstrahlt sie in glühender, südlicher Nacht.

Sie spricht mir von Sommer, Glück und der Liebe,
und ziert Kataloniens wild felsiges Land.
Wie ein Versprechen, ins Blaue geschrieben,
ragt sie in den Himmel als zärtliches Pfand.

Noch heut‘ seh‘ ich sie, hör dies Sehnsuchtslied klingen ,
die Weise des Concierto de Aranjuez,
und hoch überm Meer in dem Garten ein Singen,
dies‘ Bild aus Blanes ich nie mehr vergess’.

Ingrid Herta Drewing

Sommer in der Stadt

Petunienduft liegt in der Luft,
es atmen die Balkone,
die hell ein warmer Sommer ruft;
man mag sie nun bewohnen.

Des Tags ein bunter Schirm sie ziert,
blickt heiter in die Gegend.
Des Nachts bei Windlicht ungeniert,
den Sternenblick noch hegend.

Und überbordend’ Blumenkästen,
auch kleine Blütenbäume,
so feiert hier der Sommer Feste
und lässt die Stadt sanft träumen,
die, sonst im Mauergrau verstrickt,
jetzt blühend Himmels Blau erblickt.

Ingrid Herta Drewing

Alte Bäume

Es tragen die alten Bäume
in ihrem zerfurchten Gesicht
vergangener Zeiten Träume
von weiten, hellen Räumen
und Tagen in goldenem Licht.

Der flirrenden Sommer Grünen,
das Herbstrot, ein Flammenmeer,
der Schnee auf Winterbühnen,
berauschendes Frühlingssühnen
irrlichtern noch immer umher.

Und manchmal hörst du es raunen,
dann flüstern die Wipfel leise:
„Vergiss deine Hast, die Launen,
erlerne wieder das Staunen,
wir werden den Weg dir weisen!“

Ingrid Herta Drewing

Mond am Band

Da fliegt ein Jet kühn durch den Tagesmond
und bindet ihn an einen weißen Streifen.
Das Bild, das sich mir zeigt, recht ungewohnt,
ich mag es hier so visuell begreifen.

Jedoch sehr bald sind beide schon getrennt,
und das Kondenz – Band löst sich gänzlich auf.
Was mir mein Auge als verbunden nennt,
fand dennoch nie gemeinsam seinen Lauf.

So täuscht oft vieles unsren Erdenblick.
Es lohnt sich immer lange hinzusehen,
bevor wir schnell besiegeln ein Geschick
und leichtfertig gar in die Irre gehen.

Denn manches ist nicht so, wie es uns scheint;
was außen lacht, vielleicht im Innern weint.

Ingrid Herta Drewing

Lupine

Lupinenkerze, Blütenkolonie,
wächst hin zum Himmel, lange Zeit erwartet
Gleich Schmetterlingen zeigst du uns das Zarte.
in deiner blauen Blüten – Sinfonie.

Doch kaum hast du die helle Pracht entfaltet,
wachsen am Stängel schon der Früchte Schoten
im weichen, grünen Pelz, der zu Gebote.
Es scheinen die Gefahren ausgeschaltet.

Wie sorgsam schützt du so das neue Leben.
Dein Same kann die Jahre überdauern,
um dann, wenn Hindernisse nicht mehr lauern,
erneut ergrünend hin zum Licht zu streben.

Superschlank

Warum muss Frau sich überwinden,
sich körperlich so reduzieren?
Mir scheint’s, als wolle ihr Verschwinden
man langsam modisch induzieren.

Zunächst wohl waren’s weiche Männer,
dem Knabenhaften zugetan;
sie prägten Mode, fanden Kenner,
Klein-Mädchen-Flair und Jugendwahn.

Und Frauen internalisieren
nun durch die Werbung dieses Bild,
„schlank zum Vergehen“; sie hofieren
die Schönheitsnorm und sind gewillt,

das, was natürlich vorgegeben,
dass etwas wächst und voll erblüht,
durch ’zig Diäten aufzuheben,
um ’s Standard-Schönheitsbild bemüht.

Als wollten Rosen Knospen bleiben,
Kakteen nur in Dornen stehen,
versucht sich Frau fast zu entleiben
und lässt ihr Leben so vergehen.

Ingrid Herta Drewing

Wölkchen

Ein kleines, weißes Wölkchen schwebt,
wirkt fast verloren dort im Blau,
als hätt’ der Wind es hier verlegt
auf dieses weiten Himmels Au.

Die Sonne lässt es nicht gewähren,
ergreift es mit der Strahlen Kraft
und löst es auf, ihr soll gehören
der Himmel, den sie hell begafft.

So geht es vielen, denn die Macht
hat nicht nur in Natur das Sagen.
Wer sich nicht wehren kann, weil schwach,
kann sich oft nicht einmal beklagen.

Ingrid Herta Drewing

Regengruß

Schon äugt die Sonne aus den Wolkenwänden,
aus denen noch ein leichter Regen fällt.
Die Pflanzen strecken ihre Blätterhände
ins Nass, das frisch erquickt die grüne Welt.

Und auch die Vögel finden sich nun munter
zum Trinken an der Vogeltränke ein.
Der Regen geht, vom Dache tropft es runter,
stimmt in Synkopen ab den Abschied fein.

Ingrid Herta Drewing

Nachtigall

Wenn alle Stimmen sind verstummt,
nur leise murmelt noch der Bach,
kein Bienchen mehr in Blüten summt,
fließt sanft der Abend in die Nacht.

Dann lässt du frühlingshold erklingen
dein zärtlich’ Lied, lieb’ Nachtigall,
und wirst mein Winterherz bezwingen
mit deinem lieblich süßen Schall.

Er dringt mir tief dort in die Seele,
und weckt der Liebe stilles Weh,
laut pocht mein Herz, es schnürt die Kehle
dies Sehnen mir, ich träumend steh’.

Ach könntest wieder du begleiten
mit deinem Lied den lieben Blick,
die traute Liebe wie vor Zeiten!
Sing, Nachtigall, bring sie zurück!

Ingrid Herta Drewing

Frühsommermorgen

Am Himmel zarte Cirruszeichen,
die leicht der Wind getuscht ins Blau
und überm Wäldchen, bei den Eichen
erstrahlt die Sonne, küsst die Au.

Und ihre gleißend hellen Strahlen,
sie tanzen silbern auf dem See,
Milliarden Diamanten malend,
die funkelnd schimmern in die Höh’.

Geblendet steh’ ich am Gestade
im warmen Sommermorgenlicht;
vor mir die Schwanenpaar-Parade,
aus deren Gleiten Anmut spricht.

Ingrid Herta Drewing