Geklont
Gestern traf ich meinen Klon ,
wie waren wir erstaunt. Er lächelte gequält , und schon hat er mir zugeraunt , ich möge mich von dannen schleichen , er sei das Original. Ich dachte nicht daran zu weichen und blieb bei ihm im Saal.
Ich fragte ihn , was er so mache , ob er zufrieden sei. Zufrieden? Ha , dass er nicht lache , es gäb‘ nur Quälerei . Zumal , wenn er mich so betrachte , gealtert ,faltig sei mein Kinn. Ich meinte , was er so verachte , das zeige meinen Lebenssinn .
“ Mag sein“ ,sprach er , doch zieh‘ er’s vor in Form , ganz glatt zu sein , von Fuß bis Bauch ,von Brust bis Ohr , gentechnisch ginge das recht fein . Schier faltenlos sei seine Stirn , wieso dann meine nicht ? „Weil ich zum Denken nutz mein Hirn , du ignoranter Wicht!“
Verärgert ging ich nun davon , ich wollt‘ ihn nicht mehr sehen, den aufgemotzten Plastikklon, in seiner Hülle stehend . Ich bin doch Ich ,er Nicht-Ich nur , was soll das ganze Spiel? NUR SCHÖN sein will ich nicht die Spur , ich hab‘ ein andres Ziel.
Will leben , lieben , lachen , singen , grad ,wie es mir gefällt , und pfeif auf Konformismus , Dinge , wie sie hofiert die Welt. Will sein ein Individuum, kein solches Kunstgebilde , das zeitlos puppenhaft befällt in Serie die Gefilde .
Und ist mein Leben einst zu Ende , dann möge das so sein. Ich reiche meinem Gott die Hände und hoff‘ , er holt mich heim .
. |
Ingrid Drewing
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für dieses Gedicht liegen beim Autor (Ingrid Drewing).
Tags: