Kunst posthum
Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben,
denn es kann doch noch Etliches geschehen.
Der Künstler sei nicht auf den Schild gehoben,
solang er lebt, mag man sein Werk kaum sehen.
Jedoch, wenn er gegangen, still verblichen,
nimmt man ’s geschäftig wahr, weil es nun rar,
Millionen auf Auktionen eingestrichen,
rühmt man den Maler, der nur Armut sah.
Das Werk von Dichtern sowie Komponisten,
von denen man zur Lebzeit nichts gehört,
preist man dereinst als goldnen Fund aus Kisten,
und ein Genie entdeckt man, heiß begehrt.
Vergänglich Farben, Worte, schöne Klänge
wie alles, was sich hier ins Leben schwingt,
und dennoch führen sie aus grauer Enge,
weil so der Seele Licht ins Dunkel dringt.
© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing