Verzaubert

Am See, dort wo der Wald
aus klarem Wasser dunkel blickt,
erhebt ein Fels sich, vorgerückt,
gibt einer Weide Halt.

Sie soll, so will ’s die Sage,
ein Mädchen einst gewesen sein;
verzaubert, Jahr und Tage,
als Weide steht sie fast allein.

Und ihre grünen Haare
sanft hüllen ihren Liebsten ein;
ihn hat vor vielen Jahren
verwandelt man in Felsgestein.

Das Paar, das mitternächtlich
der Nixen Tänze hier belauscht,
ward drum vom Nöck verächtlich
verwandelt und gar bös’ vertauscht.

Nur in der Vollmondnacht im Mai,
wenn Silberlicht den See erhellt,
begegnen menschlich sich die Zwei,
wenn er sie lieb im Arme hält.

Vielleicht mag dennoch ihre Liebe
sehr lange währen in der Zeit.
Doch keiner darf mit Axt und Hieben
dort fällen schnöd’ die Weidenmaid.

Ingrid Herta Drewing


Tags:

 
 
 

Schreibe einen Kommentar