Es lebe die Illusion

Mir war, als würde ich in Träumen wandern,
in einer lichten Welt, die Frieden kennt,
wo keiner neidet, hasst das Glück des andern,
und Freundlichkeit der Taten Amen nennt.

Erwacht erkannte ich die Illusionen,
es fiel die Wirklichkeit da laut ins Schloss,
und düster warfen Krieg und Mörderdrohnen
das Elend in das Land, den Tod im Tross.

Und dennoch will ich mir den Traum bewahren,
die Güte der geschwisterlichen Welt,
wo man dem Nächsten hilft, der strauchelt, fällt,
und die Natur auch hegt in allen Jahren.

Denn nur, wenn wir das Gute sinnen, denken,
wird unser Weg uns in die wahre Richtung lenken.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Paarweise

Ach, wie soll er sie bloß finden,
sie, die mit ihm wird ein Paar;
vieles sollte sie verbinden,
eine Liebe wunderbar.

Und er wünscht, er fände eine
praller Busen, lange Beine,
die kess wie die Monroe wär’
ihn heiß liebt, ihr’n Teddy -Bär.

Auch sie träumt, es käme wer,
sagt: “Mein Schatz, ich lieb dich sehr,
ich kann nicht mehr von dir lassen,
find’ dich herrlich, du bist klasse!“

Würde sie auf Händen tragen;
auch wenn Kräfte ihm versagen,
spielt’ er doch für sie den Held,
obendrein hätt’ er noch Geld.

Er nimmt sie, die kleine Dicke,
nebenbei gesagt, ’ne Zicke,
merkt das erst spät hinterher.
Partner wählen, das ist schwer.

Sie ist aus dem Traum erwacht,
weil er ihr flugs klar gemacht,
dass er nicht ihr Traumprinz ist,
Couch-Potatoe, ohne Biss.

Was die beiden dann getan,
sich geeinigt, nicht mehr sah’n,
kann und will ich nicht berichten.
Ihr kennt alle die Geschichten.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Falsche Küsse

Dort unter der alten Eiche,
ganz nah bei dem kleinen Teiche
küsst Anne-Marie
den Frosch; es hofft sie,
dass er einem Prinzen gleiche.

Ach Mädchen, du wirst ihn missen,
denn dies erlösende Küssen
wird falsch eingeschätzt,
ist Märchengeschwätz
Die Störche müssen es wissen.

Einst war ein Fröschlein im Teiche
beschäftigt mit seinem Laiche.
Da nahte recht forsch
und klappernd Frau Storch
und macht‘ es schnäbelnd zur Leiche.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Täuschung

Gefangen im Netz
googeln die Iphone-Fische
und fühlen sich frei.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Ermunterung

Nun, Traum verlassen, graut der Morgen.
Was noch zur Nacht den Sternen nah,
im Dunkel samten schien geborgen,
muss stellen sich des Tages Sorgen,
die bald im Lichte offenbar.

Du kannst der Pflicht dich nicht entziehen;
jedoch dir bleibt die Phantasie.
Sie lässt die Illusionen blühen
und schenkt dem Sehnen ohne Mühen
des Frühlings frohe Melodie.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Trugbild

Aus den Tiefen
der Träume
entstiegen,
irrlichterst du
in meiner Welt,
die klar
ich glaubte.

Im Muschelkleid
der Sirenen
singst süß du
Lieder der Nacht,
und Perlmutt
glänzt
im Mondlicht.

© Ingrid Herta Drewing

Winterillusion

Nun klöppelt Winter seine zarten Spitzen,
die,raugereift hier weiß die Zweige zieren,
und zarte Blüten, Eis gewirkt, brillieren
auf Fenstern, die sonst klar im Lichte blitzen.

Das Mauergrau der Stadt,im Schnee verhüllt,
so grüßt die Welt, erscheint im Bild nun rein,
als habe sich ein alter Traum erfüllt
und Friede kehre jetzt für immer ein.

Doch weiß ich wohl um diese Illusion,
die meinem Sehnsuchtsblick nur kurz beschert;
sie schleicht sich nach dem Tauwind schnell davon
und zeigt, wie wund die Erde ist versehrt.

Und dennoch halten wir die Frage offen,
dass irgendwann sich auch erfüll‘ dies‘ Hoffen.

© Ingrid Herta Drewing

Friedenstraum

Ich träumte heut’ von einem Garten,
der duftend, reich in Blüte stand,
als habe segnend Gottes Hand,
entgegen allem langen Warten,
uns schon das Paradies gesandt.

Ich blieb dort, schaute und erkannte,
dass dieser Hort war unsre Erde,
sah Löwen liegen, Huftierherden,
die arglos in der Nähe standen,
nicht fürchtend Leid, noch sonst Beschwerden.

Da fragte mein Verstand vermessen:
Was soll das sein, ein Erdenbild?
Hier geht es sonst doch zu so wild:
Ein jeder frisst und wird gefressen.
Was schützt hier wen? Wo ist der Schild?

Ja, Illusionen malen Frieden
so rosafarben an die Wand.
Erwacht, wir suchen nach dem Land,
wo niemand Angst hat, wird gemieden,
und Lieben gilt als Unterpfand.

© Ingrid Herta Drewing

Schattenwelt

Sie hören
das Gras wachsen
und sehen
die Wiese nicht.

Sie kaufen
Plastikblumen,
reinigen sie
regelmäßig.

Sie platzieren
Porzellanpuppen
artig
auf dem Sofa
und bemerken nicht,
dass sie bereits
tot sind.

© Ingrid Herta Drewing