Liebe

Ja, Liebe, dir zu widersprechen,
ist uns versagt, du hast die Kraft,
das stärkste Bollwerk sanft zu brechen,
und heilst, wo tief die Wunde klafft.

Du meisterst kühn den Sturm der Meere,
und Eis schmilzt hin in deiner Glut.
Du überbrückst der Wüste Leere
und lenkst in Bahnen wilde Flut.

Wo du in deinem Rosenkleide
die dunkle Erde zart berührst,
erblüht sie grünend, fern dem Leide,
und wird ins helle Licht geführt.

© Ingrid Herta Drewing

Kimspiele

Und immer noch gelingt es Diktatoren
hier Menschen kalt in ihren Bann zu zwingen,
obwohl doch weltweit heute aller Ohren
und Blicke ihre Machenschaft durchdringen.

Ein ganzes Volk in Geiselhaft zu nehmen,
gelingt wohl nur, wenn’s andre Völker dulden,
sich eigenen Interessen da bequemen
und übersehen des Despoten Schulden.

Solange Eigennutz und Macht gepaart,
wird sich für Diktatoren wenig ändern.
Die Großen dieser Welt schaun gern a`parte,
sie ziehen selbst Marionettenbänder.

Doch Vorsicht, mancher Popanz, der bekannt,
setzte in seinem Wahn die Welt in Brand!

© Ingrid Herta Drewing

Wachsam sein

Wir sehen gar zu gerne, was wir hoffen;
die Brille unsrer Wünsche lenkt den Blick.
Der Traum von Frieden,jenem Menschheitsglück,
lässt glauben uns, dass blau der Himmel offen.

Wir denken, Gutes wachse nur aus Gnade;
man müsse warten, sich nicht handelnd rühren,
tief meditierend, Wunder zu erspüren,
die alles Unrecht rückten wieder g’rade.

Und während wir die Lämmer sind, die Braven,
nichts ahnend, hat der Wolf mit seiner Macht
die Meute schon in Stellung hier gebracht,
sich freuend auf die Beute dummer Schafe.

Drum heißt es: Wachsam sein, Gefahren wittern,
entgehen jenem Angst- und Todeszittern!

© Ingrid Herta Drewing

Sprichwörter abgeklopft

Lügen haben kurze Beine?
Lange haben sie ,wenn Scheine,
Macht ihr Dasein fein kaschieren,
während viele arme Schweine
selbst bei Wahrheit nur verlieren.

Morgen,morgen, nur nicht heute!
Heute machen wir noch Beute,
morgen sind wir ehrlich,
meinten unverschämt die Räuber,
sonst sei’s zu beschwerlich.

Wer Andern eine Grube gräbt,
dem wünscht man, er fiel‘ selbst hinein.
Doch leider lehrt uns die Erfahrung,
dass dies dann trifft nur selten ein.

Statt dessen darf da triumphierend
er stolz mit seinem Blendwerk stehen,
weil trickreich er,manipulierend,
verschleiern konnte sein Vergehen.

Es lassen sich viel‘ Schafe locken
von dem, der grünes Gras verspricht;
zu spät beginnen sie zu bocken,
wenn schon besiegelt ihr Verzicht.

© Ingrid Herta Drewing

Spielzeit

Die Einen spielen, und die Andern weinen;
wie achtlos sich Gleichgültigkeit gefällt!
Die Empathie, so scheint es, nur im Kleinen
noch wirkt, wo man sich in den Armen hält.

Die große Zahl der vielen Schreckensbilder
vermischt sich mit Fiktion, lähmt das Gefühl.
Ist aus der Film, stimmt Katharsis uns milder,
verdrängt, vergessen ist des Horrors Ziel.

Abstumpfung schützt, wenn jene schlimmen Leiden
der Welt sich bahnen einen Korridor
in deinen Blick, und du kannst kaum vermeiden,
dass weltweit Macht und Ohnmacht rücken vor.

Da lässt du gerne dich durch ’s Spiel ablenken;
wer wird an „panem et circenses“ denken?

© Ingrid Herta Drewing

Wintergeflüster

Ein zarter Flaum von Schnee bedeckt die Wege,
die Wiesen, die von Kälte starr, erblasst;
und auch die Dächer grüßen in der Höh’
als weiße Hüte; noch sind sie bar der Last.

Als habe wer mit einem großen Sieb
fein Puderzucker überall verstreut,
so zauberhaft, für ’s Auge eine Freud’.
und Frost sorgte dafür, dass er hier blieb.

So täuscht der Winter uns auf sanfte Weise.
Jedoch, wir wissen wohl um seine Macht,
wie er die Flüsse, den Verkehr im Eise
fast überall zum Stillstand hat gebracht.

Doch lehrt Erfahrung uns, nach Winterleid
erquickt uns bald die milde Frühlingszeit.

© Ingrid Herta Drewing

Macht

M acht lässt sehr gerne vergessen
A nstand, Sorgfalt und Pflicht
C haotisch, oft auch vermessen,
H ält sie nicht viel von Verzicht,
T äuscht vor den wahren Bericht.

© Ingrid Herta Drewing

Nachgefragt

Wie wichtig sind euch Wissen und Erkennen,
Verantwortung, Wahrhaftigkeit und Fleiß?
Wer pflegt der Macht nur hinterher zu rennen,
nach Art der Speichellecker nichts konkret benennend,
der fordert irgendwann zu hohen Preis.

Statt vollmundig in Worthülsen zu tönen,
ist Sachlichkeit, Bescheidenheit gefragt,
besonnen handeln, statt der Schau zu frönen,
sich klug verhalten, Feinde zu versöhnen,
dem Krieg abschwören, der mit Leid nur plagt.

Entscheiden, mit der Zukunft im Visier,
nicht nur den Tag erfolgreich, satt beenden.
Das Morgen unsrer Kinder haltet ihr,
wie alle, die hier leben, so auch wir,
doch heute schon, verfügend, in den Händen.

Gefragt sind Menschlichkeit und klarer Blick,
Wahrhaftigkeit gepaart mit viel Geschick.

Ingrid Herta Drewing

Umsturz

Macht, auf Ohnmacht gebaut,
Schwäche, der Stärke misstraut,
Freude, im Keime erstickt,
Terror, Rechte verrückt.

Leid, zu lange ertragen,
Tränen, versiegt im Klagen,
Wut bahnt sich den Weg,
findet Brücke und Steg.

Fäuste, geballt im Zorn,
Menschen, stürmend nach vorn,
gemeinsam demonstrierend,
sich solidarisierend.

Und Hoffnung wächst im Raum,
wird er nun wahr, der Traum
vom besseren Leben
und freien Streben ?

Ingrid Herta Drewing