Winternacht

Ein heller Silbermond streift zart die Zweige,
die raubereift hier in der Winternacht
hoch in den Sternenhimmel greifen, schweigen,
der klar und kalt das stille Tal bedacht.

Nun nächtens unterwegs die Einsamkeit,
in blauen Schatten fliegt sie über Schnee.
Zu Eis erstarrt, ermattet liegt der See;
der Winter schreibt amphibisch seine Zeit.

Und alles Leben scheint von hier verbannt,
in Todesruhe, eine Welt der Dinge.
Jedoch, noch in den Tiefen birgt ein Schwingen
des Frühlings Hoffnung treu als Liebespfand.

Um Phönix gleich, entflammt sich zu erheben,
bereit, zu schenken hier erneut das Leben.

© Ingrid Herta Drewing

Winternacht

Es breitet Nacht den Mantel aus,
lässt ihre Sterne strahlen,
hüllt sanft und sacht ein weichen Flaus.
Des Schneekinds Spuren rund ums Haus
darf silbern Mond bemalen.

Nun ruht die Welt so traulich leis‘,
als könne hier nichts trügen,
und mir gefällt ihr Unschuldsweiß,
auch auf dem See die Haut aus Eis,
wo sonst sich Wellen wiegen.

Als könnt‘ ein Traum aus alter Zeit
doch Wirklichkeit nun werden,
nicht nur ein Schaum dies‘ friedlich‘ Kleid,
vorbei sei Not, all‘ Herzeleid
im Frieden hier auf Erden!

© Ingrid Herta Drewing,2016

Sichtweise

Noch hält die Nacht die dunkelblauen Schwingen
sanft ausgebreitet, schenkt der Ruhe Raum,
und Sternen-Lieder, Silbermond besingen
der Menschen Wünsche,ihren Friedenstraum.

Doch mit des Tages Licht erwachen Sorgen.
Das Leben fordert häufig den Verzicht.
So mancher schaut bekümmert in das Morgen
und traut sich selbst und auch den andern nicht.

Da kann es helfen, seinen Blick zu schärfen,
die Freude finden, die uns wird geschenkt,
nichts achtlos übersehen, gar verwerfen,
nur weil Natur nicht nach der Mode denkt.

Des kleinen Glückes helles Morgenrot
erblüht selbst dort, wo graue Not uns droht.

© Ingrid Herta Drewing

Wintermorgen

Das‘ blasse Gesicht
des Tagesmondes im Blau
des Winterhimmels.

Erste Rauchpirouetten
tanzen über den Dächern.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Am Grab

Die Erde und der Mond auf ihren Bahnen,
sie sind verlässlich wie die Jahreszeit.
Der Herbst hisst leuchtend seine Farbenfahnen,
lässt uns noch Leben dort im Nebel ahnen,
bevor sein Mahnen sagt Vergänglichkeit.

Ach könnten hier die Steine dir erzählen,
wie du mir fehlst, wie traurig mir der Sinn,
wie mich, was unterlassen ward, will quälen.
Wie gerne holte ich es nach, würd‘ wählen
auch schweren Weg, führt‘ er nur zu dir hin!

Ich hörte zwar, die Zeit heil‘ alle Wunden.
Jedoch die Narbe schmerzt, fühl‘ mich als Kind,
seh‘ in Erinnerungen frohe Stunden,
wo du mich ließest still bei dir gesunden,
und lichte Tage, die vergangen sind.

Ich hoffe, glaube, wünsche wie ein Kind,
dass ich dereinst dich einmal wiederfind‘.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Herbstnacht

Rabengestalten
auf des Herbstmondes Bühne
im kahlen Geäst
proben stummes Schattenspiel,
bevor Nebels Vorhang fällt.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Abendstimmung

Errötend sinkt die Sonne, schenkt der Erde,
erglühend, einen letzten lieben Blick,
um dann, am Horizont nun schwächer werdend,
den Abendstern zu grüßen, der zurück.

Bald naht die blaue Nacht auf sanften Schwingen
und breitet ihren Sternenmantel aus.
Es darf der Mond sein Silbersolo singen
und langsam wandern über Wald und Haus.

Dann träumen Stadt und Land, der See, die Wiesen
und ruhen von des Tages Hitze aus.
Nur noch das Flüsschen flüstert, es muss fließen,
ist auf dem weiten Weg zum Meer hinaus.

Das Meer, das stetig strömt in Ebbe, Flut,
bewegt durch Mondes Kraft, die niemals ruht.

© Ingrid Herta Drewing

Was mir gefällt

Ich mag den frischen Wind,
der in des Sommers Glut
vom Fluss auflandig geht,
wenn er leicht fächelnd weht,
das Land in Sonne ruht,
ein sanftes Katzenkind.

Ich mag den Sommerregen,
der folgt auf heiße Tage
und milde Kühlung bringt,
in allen Pflanzen singt,
verscheucht die Trockenplage,
uns Wasser schenkt als Segen.

Ich mag der Sonne Licht,
ihr Strahlen auf der Haut,
wenn sanft sie Wärme schenkt,
das Wachsen wohlig lenkt,
die  Blüten leuchten traut,
und Frucht von Ernte spricht.

Ich mag die Sternennacht,
wenn hoch der volle Mond
durch blaues Dunkel strahlt
und silbern, zart bemalt
die Landschaft, still belohnt
und über allem wacht.

Ich mag der Kinder Lachen,
den Klang der Freude, Leben,
das morgens früh schon singt,
so glockenhell erklingt,
ein liebend, schenkend Geben,
fern aller bösen Drachen.

© Ingrid Herta Drewing

Mond am Band

Da fliegt ein Jet kühn durch den Tagesmond
und bindet ihn an einen weißen Streifen.
Das Bild, das sich mir zeigt, recht ungewohnt,
ich mag es hier so visuell begreifen.

Jedoch sehr bald sind beide schon getrennt,
und das Kondenz – Band löst sich gänzlich auf.
Was mir mein Auge als verbunden nennt,
fand dennoch nie gemeinsam seinen Lauf.

So täuscht oft vieles unsren Erdenblick.
Es lohnt sich immer lange hinzusehen,
bevor wir schnell besiegeln ein Geschick
und leichtfertig gar in die Irre gehen.

Denn manches ist nicht so, wie es uns scheint;
was außen lacht, vielleicht im Innern weint.

Ingrid Herta Drewing

Der lebendige Schneemann

Es stand ein Schneemann in der Nacht
ganz einsam vor dem Haus,
von seinem Schöpfer unbewacht,
der schlief sich gründlich aus.

Da kam ein Trunkenbold vorbei,
der war ihm nicht geheuer,
blieb steh’n vor ihm, verlangte frei,
dass er ihm gebe Feuer.

Als Schneemann kannte er nur Licht,
auch konnte er nichts sagen.
Der Mann, erbost, verstand das nicht,
begann ihn bös’ zu schlagen.

Es fiel sein Hut, die Nasenrübe,
doch blieben Augen und der Kopf.
Der Mond erbarmte sich in Liebe
und half sogleich dem armen Tropf.

Ein Mondstrahl holte ihn ins Leben,
und plötzlich schlug das kalte Wesen
mit viel Elan, er konnt’ ihn heben,
den Wüstling tüchtig mit dem Besen.

Der war nun seinerseits verdutzt,
floh vor dem Schneemannswicht,
da er nun, arg zurechtgestutzt,
auf mehr nicht war erpicht.

Der Schneemann pappt’ die Nase an,
setzt wieder auf den Hut,
und dankte froh dem Mond sodann,
weil dieser ihm war gut.

Ingrid Herta Drewing