Herbstblicke

Noch scheint das Land im Sonnenschein zu träumen,
obwohl der Herbst schon seine Fäden zieht:
Altweibersommer, Blattgold in den Bäumen,
der Kranichzug, der nun nach Süden flieht.

Es leuchtet Weinlaub auf in Purpurröte,
verleiht der Hausfassade neuen Glanz,
die sich, befreit aus Morgens Nebelnöten,
im Mittagslicht darf präsentieren ganz.

Der Herbst lädt ein zu opulentem Fest,
das Farbenspiel der Blätter inszenierend,
bevor er sie im Winde tanzen lässt,
ein letztes Mal in Lüften hier brillierend.

Ermattet sie alsdann zu Boden schweben,
um welkend sich im Erdreich zu verweben.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Herbstduft

Es riecht nach Herbst, herbsüßen, trocknen Blättern,
obwohl ein später Sommer hier noch spielt.
So sonnenmild zeigt sich Oktobers Wetter,
kein Regentröpfchen, das die Erde fühlt.

Da sammelt sich, leis’ raschelnd unter Bäumen
so saftlos, mürbe, brechend Blatt um  Blatt.
Man könnte meinen, dass in kühnen Träumen
Natur sich Tabak angereichert hat.

Kein Herbstwind war es, der hier diesen Linden
gar wild ihr schönes Blätterkleid geraubt.
Sie trennten sich, in Trockenheit befindend,
von einem Teile des vergilbten Laubs.

Doch dieses welke Laub darf noch beleben,
als Herbstparfüm hauchzart in Lüften schweben.

© Ingrid Herta Drewing