Spätsommerabend

Jetzt schwingt am Abend traulich leise,
Spätsommers sanfte Melodie
im Sonnenuntergang, die Weise,
ein Rosenlied voll Harmonie.

Da mag mein Blick sich gern verweben,
im Farbenzauber zart gebannt.
Doch Krähenkrächzen ruft ins Leben,
hat das Profane schnell benannt.

© Ingrid Herta Drewing,

Traumbild

Noch war es vage, nur ein Traum-Gedanke.
Doch trug des Tages Leuchten ihn dann fort
und ließ ihn suchen Halt gleich grüner Ranke.

So fand auch er den Weg, den Hoffnungshort,
der allem innewohnt, was hier darf leben
und bergen sich an wohlbestimmtem Ort.

Um sich dann werdend, wachsend zu verweben
hier in der Sonne mildem, warmem Licht
Ein sinnvoll Walten wollte gütig geben.

Und dort, wo oft nur herrschte der Verzicht,
erstrahlte Freude nun aus tiefem Lieben;
es schrieb die Poesie sich ihr Gedicht.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Verirrt

Seltsam real ist’s oft, wovon wir träumen.
Wir sind an Orten, auch in fremdem Land;
auch wenn nur Name oder Bild bekannt,
entführt’s uns magisch dann in seine Räume.

So ging im Traum ich heut‘ in Köln spazieren,
zum Rosenmontagszug schnell hin gereist.
Die Narren durften durch die Stadt marschieren.
In Mainz lag wegen Sturm der Zug auf Eis.

Obwohl die Sonne schien, wollt‘ ich nach Haus,
und suchte nach dem Bahnhof, fand ihn nicht.
Kein Mensch, den ich gefragt, kannte sich aus,
bedauerte mit fröhlichem Gesicht.

Es kam mir vor wie eine Odyssee,
ich irrte lang umher in Straßen, Gassen,
sah Kostümierte in der Rheinallee,
sich munter tanzend an den Händen fassen.

Viel bunte Schiffe fuhren auf dem Rhein,
von fern sah ich den Dom mit seinen Türmen.
Smaragdgrün war der Fluss, wie konnt‘ das sein ?
Und dann begann’s zu regnen und zu stürmen.

Doch, kurz bevor Verzweiflung mich befiel,
verging der Traum, erleichtert wacht‘ ich auf.
Ich war zu Haus. Vorbei das irre Spiel!
Und heiter nahm der Tag dann seinen Lauf.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Der Fährmann und die Armen Seelen

Der träge Fluss im Nebelhauch,
nur trübes Licht, Novembermorgen,
doch überm Fährhausdach der Rauch
zeigt an, ein Mensch lebt hier geborgen.

Tagaus,tagein scheut er nicht Mühe
und bringt die Wandrer übern Fluss;
ob abends spät, ob in der Frühe
ist ’s für ihn ein gewohntes Muss.

Doch heut’ beschleicht ihn banges Ahnen,
er träumte nachts, es hieße Tod
ihn Charon, und mit ernstem Mahnen
brächt’ er die Toten in sein Boot.

Ihn graust ’s, als er zur Fähre schreitet.
Man rief nach ihm, doch keiner da!
Ein kaltes Schaudern ihn begleitet,
als er bemerkt den Schatten nah’.

Der Fährmann zögert, fühlt Gefahr,
ruft rüber:“ Jetzt fehlt mir die Sicht,
ein wenig später, wenn es klar,
werd’ ich erfüllen meine Pflicht.“

„ Hol über, Fährmann,will’s dir lohnen
mit Gold; so scheu das Rudern nicht;
musst heut’ dein Boot nicht ängstlich schonen,
der Nebel ist nicht gar zu dicht!“

Da überwindet sich der Mann,
setzt übern Fluss, und es steigt ein
ein Herr, sehr vornehm, sagt sodann:
„ Nimm diesen Batzen, er sei dein!“

Er nimmt den Lohn und lenkt das Boot,
erleichtert;doch in Flusses Mitten
senkt sich der Kahn, gerät in Not,
als sei viel Volk hinein geglitten.

Und er hört nun,erschrocken staunend,
„ Erlöse uns von unsrer Schuld!“
Ein Wimmern, Arme Seelen raunend:
„ Rett’ uns ans Ufer, üb’ Geduld!“

Dem Fährmann sträubt sich fast das Haar,
doch zieht er fest die Riemen an;
der Fremde, scheint’s ihm,lächelt gar!
Nun rudert er, so schnell er kann.

Dann endlich ist der Steg in Sicht,
und sicher legt dort an der Kahn,
der plötzlich strahlt in hellem Licht,
als breche Sonne sich die Bahn.

Und vieler Stimmen Dankesworte
vernimmt der Fährmann, schaut sich um:
Es ist kein Passagier vor Orte;
er denkt an Wahnsinn, fühlt sich dumm.

Doch das, was ihm der Herr gezollt,
das will ihn dennoch überraschen:
Er findet jenen Batzen Gold
ganz tief in seinen Hosentaschen.

Nur dann zu Haus sein Spiegelbild
blickt fremd ihn an: ein alter Mann.
Das schwere Werk, das er erfüllt’,
hat ihn gezeichnet also dann.

© Ingrid Herta Drewing,2015 ( Üb.von 2013)

Magischer Augenblick

Ja, Tage gibt es, die sich zart entfalten,
wie Rosenblüten sich im Licht bereiten.
Die Sonne wird am Himmel zärtlich walten,
im Abendrot erglühen, sinkend gleiten.

Den Sternen-Mantel darf die Nacht ausbreiten.
Des Mondes Silber fließt auf Stadt und Land,
mag sanft die Schwäne auf dem See geleiten,
und Weiden träumen dort an Ufers Rand.

Da wähnst auch du dich jenseits aller Zeiten,
gebannt von diesem schönen Augenblick,
und deine Seele fühlt die stillen Weiten
des wunderbaren Lebens, irdisch‘ Glück.

Du hörst dein Herz, folgst nicht dem Takt der Uhr,
verzaubert schaust du: Schön ist die Natur!

© Ingrid Herta Drewing,2015

Wunschtraum

Es war einmal ein Stacheldraht,
dem war das eigne Dasein fad.

Statt stach’lig Felder zu umsäumen,
wollt er viel lieber glänzend träumen,
er sei ganz glatt und blank von Art,
der Teil von einem Biker-Rad
und rolle mit ihm durch die Welt,
weit weg von Stachelzaun und Feld.

Doch, wie’s so ist mit schönen Träumen,
sie sterben meist in Alltags Räumen.
Er blieb so dornenhart besetzt
und hat manch Wesen dann verletzt.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Es lebe die Illusion

Mir war, als würde ich in Träumen wandern,
in einer lichten Welt, die Frieden kennt,
wo keiner neidet, hasst das Glück des andern,
und Freundlichkeit der Taten Amen nennt.

Erwacht erkannte ich die Illusionen,
es fiel die Wirklichkeit da laut ins Schloss,
und düster warfen Krieg und Mörderdrohnen
das Elend in das Land, den Tod im Tross.

Und dennoch will ich mir den Traum bewahren,
die Güte der geschwisterlichen Welt,
wo man dem Nächsten hilft, der strauchelt, fällt,
und die Natur auch hegt in allen Jahren.

Denn nur, wenn wir das Gute sinnen, denken,
wird unser Weg uns in die wahre Richtung lenken.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Elfennacht

Der Mond erweckt sanft, silberhell
zum Tanz die Glockenblumenwiese.
Aus jedem Glöckchen schlüpft nun schnell
ein Elfenkind, um bei der süßen
Musik der Maienmitternacht
zu singen und zu tanzen sacht.

Die Grillen streichen ihre Geigen,
die Nachtigall ihr Stimmchen schwingt,
und Elfen sammeln sich zum Reigen.
Am Bach geheimnisvoll es klingt.
Die Wassernixen murmeln dort
im Plätscherplausch manch Zauberwort.

Am Waldesrande in den Linden
erwacht ein Rauschen wunderbar.
Es gleitet zart auf milden Winden
heran das Elfenkönigspaar.
Als sie hinab zur Wiese schweben,
Grasharfen süß und leise beben.

Und nun im Mondstrahl, treu begleitet,
gefolgt von lichter Elfenschar,
das holde Paar zum Tanze schreitet,
ein Schimmern, Leuchten, sternenklar.
In Königsblau flugs die Libellen
das Schleppentragen lieb bestellen.

Das jubelt, jauchzet in den Lüften
in dieser Frühlingsnacht im Mai.
Ich lausche, trunken von den Düften,
schaue erstaunt, frag’ mich, was sei.
Noch als ich aus dem Traum erwacht’,
hört‘ ich ein Elfenkind, das lacht.

War all dies nur ein Vollmondscherz?
Doch wer brachte das Lindenherz,
das grün dort liegt auf meinem Kissen?
Ich möchte es so gerne wissen!

Das Lindenblatt, ich werd’ es pressen,
das Traumerlebnis nie vergessen.

© Ingrid Herta Drewing

Geträumt

Zur Nacht erwacht aus schönem Traum,
noch ganz im Banne der Geschichte,
in die er dich geführt, und kaum
möchtest du nun darauf verzichten.

Hast du dies doch so wahr erlebt!
Die Orte, lieber Menschen Sagen
erschautest du, ganz tief verwebt
in des Geschehens Wohlbehagen.

Doch dann spricht dein Bewusstsein dir
von den realen Wirklichkeiten,
und sanft schließt wieder sich die Tür,
zu Welten, die dem Tag entgleiten.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Traumhaft

Leg ab den Silbermantel, lösch die Kerzen!
Es wird die Nacht dich sanft ins Dunkel leiten,
dir Balsam hier in Träumen zart bereiten,
und heilen der betrübten Seele Schmerzen.

Das Abschiedslied, des Tages helle Weise ,
verklingt in einer trauten Melodie.
Die Bäume rauschen leise; Harmonie
begleitet dich auf dieser Zauber-Reise.

Da brauchst du kein Gepäck und keine Schuhe,
dir wachsen Flügel, einem Adler gleich
schwebst du hinauf auf goldnen Schwingen,leicht
in Sphären stiller Freude, Licht und Ruhe.

Erblickst die kleine Welt, siehst sie in Frieden;
ein Garten Eden wird erblühn hienieden.

© Ingrid Herta Drewing,2014