Tulpe

Roter Blütenkelch
wendet sich dem Lichte zu
und öffnet sich weit.

Im Kelch der Tulpe
ein blaues Sternengesicht
lacht in den Frühling.

Ingrid Herta Drewing

Frühlingserwachen

Geküsst vom milden Frühlingswind
erwachen nun der Weide Kätzchen.
Sie recken, strecken sich geschwind
im Sonnenschein, so sanft und lind,
und schmücken sich mit Pollenschätzchen.

Und schon erwacht dort reges Schwärmen,
die Bienen, die im Stock geträumt,
dicht beieinander, sich dort wärmend,
um nicht in Kälte zu verderben,
sie halten tanzend sie umsäumt.

Du kannst den Frühling flüstern hören,
der Himmel strahlt in blauem Licht.
Die Amsel singt so süß betörend,
mit ihrem zarten Lied beschwörend,
dass hier nun junges Leben spricht.

Ingrid Herta Drewing

Frühlingsboten

Dort im wintergrauen Garten
Seh’ ich vor dem stillen Haus,
weiß wie hin getupfte Fleckchen,
leuchtend blühen schöne, zarte,
grün umrandete Schneeglöckchen,
rufend sanft den Frühling aus.

Auch die Amsel, die jetzt wieder,
von der milden Luft verführt,
hier geschäftig fliegt und springt,
übt süß flötend ihre Lieder,
baut ihr Nest, so recht beschwingt,
lugt, ob sich ein Würmchen rührt.

Und allmählich werden munter
farbenfrohe Krokusgrüppchen.
Sie vertreiben alles Graue;
auch die Sonne lächelt runter.
Und ich steh’ verträumt, erschaue
diesen Blütenflor, den hübschen.

Ingrid Herta Dewing

Valentins Grüße

Hab’ Dank, mein lieber Valentin,
für deine Blumengrüße!
Ich sehe lieblich sie erblühen
in ihrer sanften Süße.

Jedoch, vielleicht ist ’s nur ein Traum,
ein zartes Frühlingssehnen,
da Winter noch bestimmt den Raum,
sich leicht zurückzulehnen,
zu atmen milder Blüten Duft,
von Veilchen und Mimosen ,
erfüllt von Liebe, weicher Luft,
von Vogelsang und Kosen?

Im Schnee, da schimmern Blütensterne,
Christrosen, klar und hell,
Schneeglöckchen sind zur Stell’,
verkünden, Frühling sei nicht ferne.

Ingrid Herta Drewing

Frühlingsdekor

Ein grüner Schneemann tanzt auf meiner Tasse,
ganz frühlingstrunken scheint er wohl zu sein.
Ich werd’ ihn munter weiter tanzen lassen;
vielleicht stellt sich bei mir auch Frühling ein.

Dort auf der Fensterbank die Hyazinthen
entfalten schon betörend ihren Duft,
und die Mimosensträuße, die man bindet,
sie singen von des Südens milder Luft.

Bald glänzt im Park ein Leuchten in den Wiesen,
die Krokusgrüppchen und Narzissensterne.
Wenn stolze Tulpen, blaue Veilchen sprießen,
ist Winter längst verreist in Nordens Ferne.

Und in den Weiden schnurren sanfte Kätzchen,
besucht von Bienchen und von Hummelschätzchen.

Ingrid Herta Drewing

Zwischenspiel

Wie hell das Licht, der Morgen
in meine Stube fällt,
macht sichtbar, was verborgen.
Das Grau sich nicht mehr hält.

Mild weht der Wind; vom Eise
ist nun der Fluss befreit.
Auch singen Amsel, Meise,
als sei schon Frühlingszeit.

Doch Frühlingsfreuden trügen.
Das ist nur Zwischenspiel.
Der Winter straft ’s bald Lügen,
belauert Tauwinds Spiel.

Vom Hang sich wild ergießen
die Wasser in das Tal
und fluten Straßen, Wiesen;
Hochwasser, wieder mal !

Das wird der Winter fassen,
und bald ruht dann erstarrt,
was jetzt von Wassermassen
rasch überrumpelt ward.

Ingrid Herta Drewing

Herbstblätter

Des Herbstbaums Blätter flüchtig werden
und schweben sanft hernieder.
Es rieselt Blattgold auf die Erde,
Sterntalermärchen wieder.

Und kommt ein böig frischer Wind,
dann tanzen sie in Lüften
als roter, gelber Farbentraum
erreichend letzte Klüfte.

Dort sammeln sie sich, stumm bereit,
als welkes Laub in Wällen,
des Herbstes Abschied ist die Zeit,
dem Winter sich zu stellen.

Mit Raureifs Glitzerkleid beglückt
sie wärmen blanke Erde,
damit im Erdreich Stück für Stück
bald neues Leben werde.

Ingrid Herta Drewing