Winternacht am See

Ein heller Silbermond streift zart die Zweige,
die raubereift hier in der Winternacht
hoch in den Sternenhimmel greifen, schweigen,
der klar und kalt das stille Tal bedacht.

Nun nächtens unterwegs die Einsamkeit,
in blauen Schatten fliegt sie über Schnee.
Zu Eis erstarrt, ermattet liegt der See;
der Winter schreibt amphibisch seine Zeit.

Und alles Leben scheint von hier verbannt,
in Todesruhe, eine Welt der Dinge.
Jedoch, noch in den Tiefen birgt ein Schwingen
die Frühlingshoffnung treu als Liebespfand.

Um Phönix gleich, entflammt sich zu erheben,
bereit, zu werden bald ein neues Leben.

© Ingrid Herta Drewing

Winterabend

Schnee liegt, die weiße Stille
verbirgt des Lebens Klang.
Es lässt ein ernster Wille
hier schweigen den Gesang.

Der Winter hat nun mächtig
sein kühles Reich erbaut
und prangt, dort herrschend, prächtig
frostklirrend, Eis ergraut.

Doch warm gehüllt, ich schaue
zum klaren Himmelszelt,
das sternenreich, verblauend ,
schirmt märchenhaft die Welt.

© Ingrid Herta Drewing

Weiße Nächte

Die Nächte tragen weiße Kleider,
und Mondlicht färbt sie silbern ein
inmitten heller Sterne Schein.
Ihr Schneegewand glänzt, ohne Neider
umhüllt ’s die Erde zärtlich, rein.

In solchen Nächten liegt ein Schweigen
fast gütig auf der lauten Welt,
die täglich lärmend jagt nach Geld.
Jedoch nun scheint ihr Friede eigen,
darf himmlisch träumen, sanft erhellt.

© Ingrid Herta Drewing

Wintertraum

Es rieselt Schnee, bedeckt die Wunden,
die wir der Erde zugefügt,
die braunen Furchen, tief gepflügt.
In himmlisch weißen Sternenstunden
sie sanft in Winters Stille liegt.

Als hätten Engel ihr aus Träumen
ein lindes, weißes Tuch gewebt,
den Schleier, der sie licht umschwebt,
ihr Leben zärtlich zu umsäumen,
bis es im Frühling neu erbebt.

© Ingrid Herta Drewing

Im Nebel

Im dichten Nebel wirkt die Landschaft matt.
Kaum lassen da Konturen noch erahnen,
dass es sie gibt, dort hinterm Grau, die Stadt.
Kein Wind bewegt die schlaffe Wetterfahne.

Es bellt kein Hund, sogar die Krähe schweigt;
gedämpft sind meine Schritte, eine Stille,
die feindlich fast in meine Ohren steigt.
Ich wische mir die Feuchte von der Brille.

Die Bäume, ihres Laubes ganz beraubt,
sie bilden ein Spalier von Spukgespenstern.
Da, endlich leuchten schwach des Hauses Fenster,
und Leben grüßt, das ich schon fern geglaubt!

Ein Mensch hat sich hier Wärme, Licht entfacht,
trotzt so dem Nebel und der langen Nacht.

© Ingrid Herta Drewing

Sommermorgen VI

Es schimmert zwischen Farnen, zart betaut,
ein Spinnennetz im Glanz der Sonnenstrahlen.
Die Wassertröpfchen, kunstvoll eingebaut,
wie Diamanten ihre Farben malen.

Hier, wo des Morgennebels kühler Hauch
in sanftem Licht den Sommertag begonnen,
erschaue ich entzückt, andächtig auch,
das Schöne, das Natur so fein gesponnen.

Und in des Waldes grüner Kathedrale,
wo Sonne ihre hellen Wege findet,
in Licht gewirkten Bahnen luftig malend,
in Büschen, Gräsern, Farnen zärtlich schwindet.

Dort in der Stille fühl’ ich mich geborgen,
erfreue mich an diesem Sommermorgen.

© Ingrid Herta Drewing

In Wiesbadens Rabengrund

Der Sommerwind streift zärtlich durch die Wiese
und kämmt ihr sanft das grüne Blumenhaar.
Ich stehe, sehe, fühl’ im Paradiese
mich hier in dieser Luft, die sonnenklar.

Am Taunushang im lichten Rabengrund,
umgeben von Kastanien, hohen Buchen,
erleb’ ich die Natur im weiten Rund
und finde, was in Fernen andre suchen.

Die Rehe äsen hier zur Abendstunde,
sie finden vor der Dämmerung sich ein,
wenn weithin Stille herrscht, und keine Kunde
von Wanderern nun trübt ihr traulich’ Sein.

Ergriffen schaue ich auf dieses Bild,
und Freude, Glück und Demut mich erfüllt.

Ingrid Herta Drewing

Frühlingsabend

Im milden Schein der goldnen Abendsonne
vergeht nun langsam dieser Frühlingstag,
der uns geschenkt so wohlig Wärme, Wonne,
wie man es fast nicht schöner kennen mag.

Bald zeigt sich hier der Stille Traumgesicht.
Von ferne höre ich noch Flugzeuggrummeln.
Nach Hause fliegen nun die letzten Hummeln.
Allmählich rötet sich das Abendlicht.

Die Amsel sitzt in hohen Baumes Wipfel,
singt süß hier ihre Abendmelodie,
die dann verstummt; hoch ragt des Berges Gipfel,
ein Schattenriss der Abendsinfonie.

So geht der Tag, versinkt in roter Glut;
beglückt erschau’ ich diese Farbenflut.

Ingrid Herta Drewing

Maiabend

Ein Maientag geht nun zu Ende.
Die Blüten schließen sich zur Ruh,
damit der Nachtfrost im Gelände
sie nicht zerstört in einem Nu.

Die Sonne schickt noch milden Schein,
lugt halb dort überm Dach hervor
und Schatten wachsen, fangen ein
was sich der Tag so hell erkor.

Nun da die Vögel sind im Nest,
die ersten Sterne funkeln,
zünd’ ich an für des Abends Rest
mein Windlicht hier im Dunkeln.

Genieße diese Abendstille,
sanft ist der Glocken Klang verhallt,
und freue mich an Frühlings Fülle,
die duftend aus dem Garten wallt.

Ingrid Herta Drewing

Beschaulicher Wintertag

Als habe sie der Nebel hingehaucht,
erscheinen Bäume schemenhaft im Schnee
Dort, wo die Enten unlängst noch getaucht,
da ruht erstarrt, verschlafen nun der See.

Ich drehe hier versonnen meine Runde.
Schnee rieselt sanft und hüllt mich zärtlich ein.
Am Vogelhäuschen zwitschern frohe Kunden.
Ihr Liebreiz lädt mich zum Verweilen ein.

Das sind des Winters Seiten, die ich mag,
wenn alles ist zur Einkehr still bereit;
auch wenn ein blauer Himmel schirmt den Tag,
und Sonne strahlend krönt die Jahreszeit.

Erscheint mir doch jetzt friedlich die Natur
und als Geschenk des Lebens helle Spur.

Ingrid Herta Drewing