Spätsommertag

September schenkt mit seinen milden Händen
zu Sommers Abschied goldnen Sonnenschein
und zaubert mittags, glühend im Gelände,
die letzte Süße noch in Obst und Wein.

Schönwetterwolken schweben in den Lüften
und drin im Haus, da duftet es so süß
nach Pflaumenkuchen, Mus, bekannten Düften
aus Mutters trautem Küchenparadies.

Gemeinsam um den Tisch sitzt froh die Runde,
sich labend an Kaffee und Kuchenschmaus.
Im Garten nun genießen wir die Stunden
in warmer, frischer Luft hier vor dem Haus.

Und freuen uns an diesem kleinen Glück,
womit der späte Sommer uns entzückt.

© Ingrid Herta Drewing

Vom Dichten

Für wen? Warum nur willst du schreiben?
Ist es doch Spiel nur mit dem Wort.
Du könntest dir die Zeit vertreiben
mit bess’rem Ziel, am andern Ort.

Sagst du und weißt nichts von dem Glück,
das mir beim Dichten hell erblüht,
wenn Bilder melden sich zurück.
und Vers an Vers im Klang erglüht

Ich suche nicht, die Worte sprießen,
es stürmen Reime auf mich ein,
wenn ein Gedicht beginnt zu fließen,
in Worten lebt sein eignes Sein.

Dann ist mir, als ob neues Leben
sein Lied mir in die Seele singt,
um mir hier Zeit und Raum zu geben,
und wie Musik in sanftem Schweben
ergreift mich Freude, wenn’ gelingt.

Ingrid Herta Drewing

Liebestraum

Bevor sich Blüten schließen und verblassen,
die Abendröte vor den Schatten flieht,
möcht’ ich dir sagen, wie sehr ich dich lieb’,
dass ich dich nimmer werde lassen,
du Sonne, die an meinem Himmel glüht.

Und hüllt die Nacht mit ihren Sterngesängen
uns zärtlich dann in ihren Mantel ein,
wird die Magie der Liebe uns befreien.
Dann gleiten wir, befreit von allen Zwängen,
ins Paradies, das uns lässt glücklich sein.

Ingrid Herta Drewing

Liebende

Es sind die Liebenden, in deren Blicken
das Leben darf den Himmel offen sehen,
wenn zärtlich sich verweben die Geschicke,
im Rosenlied ein blühendes Verstehen.

Es sind die Liebenden, die staunend finden
dort, wo sonst Trübsal herrscht, nun neue Kraft;
beflügelt werden sie auch überwinden
den tiefsten Graben, der auf Erden klafft.

Denn ihre Seelen hören Himmels Klänge.
Sie haben schon ihr Paradies erschaut.
Die Liebe trägt sie aus des Kleinsinns Enge
und bleibt, solang’ sie währt, ihr Engel traut.

Ingrid Herta Drewing

Nachtigall

Wenn alle Stimmen sind verstummt,
nur leise murmelt noch der Bach,
kein Bienchen mehr in Blüten summt,
fließt sanft der Abend in die Nacht.

Dann lässt du frühlingshold erklingen
dein zärtlich’ Lied, lieb’ Nachtigall,
und wirst mein Winterherz bezwingen
mit deinem lieblich süßen Schall.

Er dringt mir tief dort in die Seele,
und weckt der Liebe stilles Weh,
laut pocht mein Herz, es schnürt die Kehle
dies Sehnen mir, ich träumend steh’.

Ach könntest wieder du begleiten
mit deinem Lied den lieben Blick,
die traute Liebe wie vor Zeiten!
Sing, Nachtigall, bring sie zurück!

Ingrid Herta Drewing

Traumversunken

Tage gibt es, da träumen die Stunden;
festlich gekleidet, in Silber gewirkt,
schreiten sie langsam; still, liebend verbunden,
fließen Minuten, ohne Sekunden
emsig zu zählen, der Augenblick bürgt.

Tage gibt es, da klingen die Töne
dir so vertraut, ein harmonischer Klang,
dunkel und lieblich, tiefes Versöhnen
findet sich, einend in allem Schönen,
und es begleitet dich zärtlich Gesang.

Tage gibt es, da leuchten im Lichte
Farben, fein spielend in Glanz, Harmonie,
flüstern in Regenbogen Gedichte,
blau, violett, gelb, rot, grün Geschichten,
malen dir lächelnd des Glücks Sinfonie.

Tage gibt es, da schwebt in den Lüften
seidig und weich ein betörender Hauch.
Blüten erblühen und decken die Klüfte,
Wunder wirkend, im Zauber der Düfte
ruft dich, weit schwingend, das Leben nun auch.

Ingrid Herta Drewing

Glücksklee

Als Kinder waren wir bestrebt,
doch möglichst dieses Blatt zu finden,
das uns vierblättrig, hell im Klee
dann sollte unser Glück verkünden.

Du fandest nie dies Glückskleeblatt,
hast deine Hoffnung leicht gelupft
und dann das fünfte, grüne Blatt
still, Schicksal spielend, ausgerupft.

So ist es wohl im Leben oft,
wir fördern selbst, was uns beglückt.
Wer sich ergibt und gar nicht hofft,
den weist Fortuna gleich zurück.

Und wenn sie dir auch prophezeien,
dein Stern, der stünd’ im falschen Haus,
dann weißt du, sie sind alle Laien.
Dein Stern, er leuchtet, lacht sie aus.

Ingrid Herta Drewing

Der Kuss

Ich fühl’ ihn noch, es bebten unsre Lippen,
in deinen Armen liegend, ward mir heiß,
der ersten Liebe Kuss, ein zärtlich Nippen,
und langsam schmolz des Winters starres Eis.

Wir spürten eine Sonne, die uns strahlte,
und waren lieb geborgen in dem Traum,
der Glanz und Glück in unsre Augen malte,
und leise fiel der Schnee, wir merkten ’s kaum.

Seitdem ist sehr viel Zeit ins Land gegangen;
sie trennte uns, wir haben uns verloren,
gereift ein neues Leben angefangen
und liebend andre Partner auserkoren.

Jedoch an diesen Wintertag, den Kuss
muss ich noch heute manchmal lächelnd denken;
mir wurde damals schön und zart bewusst,
was Liebe ist, was sie vermag zu schenken.

Ingrid Herta Drewing

Silvesterwünsche

Wir sind wohl hoffnungsvolle Optimisten,
begrüßen froh gestimmt das neue Jahr
und glauben, dass sich nun doch bessern müsste,
was uns im alten gar zu garstig war.

Gesundheit sehnt herbei der leidend Kranke,
an Arbeit denkt, wer lang schon arbeitslos.
Der Klimagunst gilt grün auch der Gedanke,
man wünscht sich, Einsicht werde endlich groß.

Der Eine träumt von seiner großen Liebe,
ein Anderer sieht ’s Glück in Gut und Geld.
Bescheiden wünscht so mancher, Frieden bliebe
erhalten ihm in seiner kleinen Welt.

So wähnen wir das Wohl im Zeitenschritt,
und immer geht die Hoffnung lächelnd mit.

Ingrid Herta Drewing

Zum Jahresende

Des Jahres Tage sind gezählt.
Der Blick zurück lässt Wünsche offen,
gebiert zugleich das stille Hoffen,
dass Glück im neuen Jahr uns wähl‘.

Prognosen gibt es, im Orakel,
da findet mancher seine Sicht.
Noch ahnt er nichts von dem Debakel,
das ihn alsbald nimmt in die Pflicht.

Sylvesterträume in den Lüften;
der Lärm den Dämon dräng’ zurück!
Jedoch in unsren engen Klüften,
dort knüpfen wir uns selbst den Strick.

So vieles, was wir tun, entscheiden,
ist wichtig, zeigt des Lebens Weg.
Die Gier, den Hass gilt ’s zu vermeiden,
die Liebe sei uns Brücke, Steg!

Dann wird vielleicht das nächste Jahr
am Ende für uns wunderbar.

Ingrid Herta Drewing