Werwolf-Begegnung

Der Vollmond scheint, s’ist Mitternacht,
die Turmuhr zwölfmal schlägt.
Ein Werwolf heult,liegt auf der Wacht,
und gruselig ein Irrer lacht,
die Kettensäge sägt.

Das Kind, es eilt, doch starr vor Schreck
kommt es nicht aus dem Wald,
sucht hinterm Baume ein Versteck,
steht steif und rührt sich nicht vom Fleck.
Der Stamm verschwindet bald.

Schon fürchtet es des Wolfes Biss,
der grässlich fletscht die Zähne.
Es möchte laufen, denkt gewiss
an die, die er, wild mordend, riss,
da streift es seine Mähne.

Ein Schrei! Da ist das Kind erwacht,
noch kann es atmen kaum.
Doch Mutter kommt und streichelt sacht
ihr Kind, beruhigt es mit Bedacht.
Vorbei der böse Traum!

© Ingrid Herta Drewing,2017

Appell

Sei wachsam,
hüte und berge
der Rosen Blüten,
bevor der Sturm
sie zerzaust!

Jetzt, da die Wolken
wachsen
und den Himmel
verdunkeln,
rette das Blau
und das Gold
der Sonne
in den Schrein
deiner Seele!

Vergiss nicht
das Lächeln
der Morgenröte!
Die schwarzen Schleier,
die das Antlitz
des Tages
verhüllen,
werden einst
fallen.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Vorsatz

Ich berge die farbigen Träume
und trage sie in meinen Tag;
erhelle mir so graue Räume,
vergesse Sorgen und Plag‘.

Auch will ich dein Lächeln bewahren,
das traulich von Liebe mir spricht,
und trotze all jenen Gefahren,
die uns verstellen das Licht.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Spiel mit der Gefahr

Krokodil,
großes Maul
mit scharfen Zahnreihen.
Kinder schreien, ganz aufgeregt.
Kasperltheater.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Wachsam sein

Wir sehen gar zu gerne, was wir hoffen;
die Brille unsrer Wünsche lenkt den Blick.
Der Traum von Frieden,jenem Menschheitsglück,
lässt glauben uns, dass blau der Himmel offen.

Wir denken, Gutes wachse nur aus Gnade;
man müsse warten, sich nicht handelnd rühren,
tief meditierend, Wunder zu erspüren,
die alles Unrecht rückten wieder g’rade.

Und während wir die Lämmer sind, die Braven,
nichts ahnend, hat der Wolf mit seiner Macht
die Meute schon in Stellung hier gebracht,
sich freuend auf die Beute dummer Schafe.

Drum heißt es: Wachsam sein, Gefahren wittern,
entgehen jenem Angst- und Todeszittern!

© Ingrid Herta Drewing

Frühlingsversprechen

Das leuchtende Gold
der Forsythien,
des Mandelbaumes
rosafarbene Blüten
und der Amsel
süßer Gesang
schenken noch immer
dies’ liebliche
Frühlingsversprechen:
Heil sei die Welt.

Und dennoch,
da lauert schwarz
der Verrat,
das Verbrechen,
das Böse,
dem schnöd’
die Vernichtung
gefällt.

© Ingrid Herta Drewing

Gedanken beim Einkauf

In diesem Kühlfach liegt eine Makrele,
starrt mich aus ihren toten Augen an
so vorwurfsvoll, als raubt’ ich ihr die Seele.
Ich weiß, dass ich den Fisch nicht essen kann.

Ach würden doch Gefahren hier auf Erden
begegnen warnend uns mit solchem Blick;
ganz sicher würde uns dann nicht gefährden
so vieles, was uns wird zum Missgeschick.

Jedoch erscheint so manches Böse gut,
wirkt harmlos, die Gefahr wird leicht verkannt.
So Kernkraft, unbezähmbar, nicht geruht
ein braver Flaschengeist zu sein, der stets gebannt.

Der Mensch verdrängt sehr gern auch die Gefahr.
Erst wenn der Tod ihm droht, sieht er es klar.

Ingrid Herta Drewing

Wahn

Noch immer dieser Wahn
von Sicherheit und Macht;
wo wir doch deutlich sah’n,
wie klein das ist bedacht.

Der Mensch darf nicht verspielen
im Hochmut dieses Leben,
auf Kernkraft kühl zu zielen,
leichtfertig im Bestreben.

Die Kräfte, die er rief,
die kann er nicht bezwingen,
ein Gau zu lang verseucht,
was ihm kann Leben bringen.

Im Einklang mit Natur,
hier Energie gewinnen,
alternative Spur
verfolgen,klares Sinnen

Damit die schöne Erde,
auch wenn wir nicht mehr sind,
noch immer Heimat werde
für jedes Menschenkind.

Ingrid Herta Drewing