Menschenersatz

Bequem erscheint die Automatenwelt,
erledigt Arbeit, spart so Zeit und Geld.
„Der Mensch wird frei gestellt“,
heißt es so schön.
„Wirst du erwerbslos, musst du seh’n,
was anderes zu finden!

Musst mit dem Fortschritt geh’n,
lässt sich nicht unterbinden!“

Die Fortschrittsgläubigkeit erzeugt Probleme,
beschert nicht allen nur das Angenehme.
Den einen wird gegeben,
den anderen genommen;
meist kann der Mehrwert nicht
zu allen Menschen kommen.
So werden auf der Welt im Hier und Heute
sehr viele Arme nur der Reichen Beute.

Ich frag‘ mich auch, ob da in all den Sachen,
in denen wir uns überflüssig machen,
es immer sinnvoll ist, zu delegieren,
anstatt, es selbst bewusst hier auszuführen.
Verantwortung des Handelns sieht wohl kaum
der Roboter, der dann beherrscht den Raum.
Auch schlimme Taten( wie durch Drohnen Tücke)
entziehen sich so leicht dem klaren Blicke.

„Ach was, denk mal an menschliches Versagen,
zu oft sind Unfälle und Tote zu beklagen!
So schnell und so exakt wie die Maschinen,
die Roboter, kann doch kein Mensch mehr dienen.“

Dass wir als Menschen nicht wie die Maschinen
nur funktionieren, ist des Lebens Gunst,
bei Unverhofftem lassen wir die Schienen
und finden neue Wege, das ist Kunst.

Ich mag sie nicht, die Welt, die starr und kalt
den Mensch dem Menschen nimmt im Fortschrittswahn,
wo uns, vernetzt im digitalen Wald,
auf Knopfdruck dann bewegt ein Robot-Clan.

Wir brauchen bald kaum noch die Arme, Beine,
und manche nutzen nicht mehr oft ihr Hirn.
Längst gibt es eine Welt medial für Kleine,
mit Geld und Macht lebt man auf andrem Stern.

Gäb’s endlich Fortschritt in der Empathie,
gerechtes Handeln, Frieden in der Welt,
dass man besieg‘ den Wahn, die Idiotie,
die uns entmenscht in Gier gefangen hält!

© Ingrid Herta Drewing,2016

Nach dem Unwetter

Es legt der Tag im Morgen seine Spuren,
und hinterm Wolkengrau da wartet Licht,
das bald auf den verwaisten Sonnenuhren
hell strahlend durch der Zeiger Schatten spricht.

Die Rosen blühen, blieben ungefährdet
in ihrer Mauernische unterm kleinen Dach,
als sich Gewitterstürme wild gebärdet‘
und manchen hohen Baumes Astwerk brach.

Die Hagelwälle, die die Straße säumten,
sie sind getaut; auch droht nicht mehr Verzicht
dem Weitblick, viele Hände halfen, räumten
den Schutt-Berg fort, der dort versperrt‘ die Sicht.

Wenn man einander hilft, zusammen steht,
wird meist‘ das ärgste Übel obsolet.

© Ingrid Herta Drewing, 2016

Ringeltaubenbild

In jedem Sommer thront auf der Antenne
dies‘ Tauben-Pärchen still im Abendlicht,
als gönne es sich letzter Sonne Sicht,
bevor der Tag errötend sich mag trennen,
und Nacht im Sternenmantel folgt der Pflicht.

Auch ihre kleinen Ringeltaubenkinder
dort sitzen beieinander, traulich dicht.
Gewitter, Regen, Stürme stören nicht,
gemeinsam Lebens Unbill so zu mindern;
kein Eigennutz hier fordert den Verzicht.

Ein Sinnbild mir, verheißt es doch den Frieden,
den Menschen andern Menschen oft verwehren,
weil Hochmut, Habgier, Hass die Einsicht stören,
dass uns nur Liebe, Menschlichkeit hienieden
auf Dauer können irdisch‘ Glück bescheren.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Die Hütli in Utopia

Ich hatte kürzlich einen Traum,
der schien mir wunderbar.
Ein Zwergenvolk, ich glaubt’ es kaum,
das wohnte unterm Apfelbaum,
wo ’s recht gemütlich war.

Nein, Gartenzwerge waren ’s nicht,
gebrannter Ton, bemalt,
Hier diese waren echte Wicht’,
ich sah sie nah’ von Angesicht,
und das ist nicht geprahlt.

Sie hatten sich schön eingerichtet,
ihr Haus gedeckt mit Moos,
die Wände sehr gut abgedichtet
und auch auf Fenster nicht verzichtet,
zwar waren sie nicht groß.

Sie lebten friedlich, ohne Geld,
versorgt von der Natur.
Ein Apfel, der herunterfällt,
wird schnell von ihnen weggestellt.
Verschwendung, nicht die Spur!

Gemeinsam werkeln sie und schaffen
das, was für sie ihr täglich Brot.
Und keiner faulenzt, träg‘ beim Gaffen,
nicht einer will nur für sich raffen,
und niemand leidet Not.

Sie brauchen kein Automobil,
es reichen Schusters Räppchen.
Auch nervt sie keiner Mode Stil.
Sie gehen gerne in Zivil
und tragen Fingerhüt’ als Käppchen.

Ich fragte, wer das Sagen habe,
da lachten sie hell auf.
Sie fanden seltsam meine Frage,
weil sie ihr Los gemeinsam tragen,
entscheiden seinen Lauf.

Sie haben ihre kleine Welt
gemeinsam gut im Griff.
Hat sich was Schlimmes eingestellt,
sei es, dass zu viel Regen fällt,
dann gehen sie auf ’s Schiff.

Wie Noah einst der Flut entkam
und mit ihm viel Getier,
das er mit auf die Arche nahm,
obgleich nicht alle Tiere zahm,
so machen ’s Hütli hier.

Ihr Leben zeigte mir sehr gut,
man kann gemeinsam siegen
und muss sich nicht verbiegen,
noch heucheln und betrügen,
nicht wachsam, ständig auf der Hut
mit anderen bekriegen.

© Ingrid Herta Drewing