Im Nebel

Im dichten Nebel wirkt die Landschaft matt.
Kaum lassen da Konturen noch erahnen,
dass es sie gibt, dort hinterm Grau, die Stadt.
Kein Wind bewegt die schlaffe Wetterfahne.

Es bellt kein Hund, sogar die Krähe schweigt;
gedämpft sind meine Schritte, eine Stille,
die feindlich fast in meine Ohren steigt.
Ich wische mir die Feuchte von der Brille.

Die Bäume, ihres Laubes ganz beraubt,
sie wirken im Spalier wie Spukgespenster.
Da, endlich leuchten schwach des Hauses Fenster,
und Leben grüßt, das ich schon fern geglaubt!

Ein Mensch hat sich hier Wärme, Licht entfacht,
trotzt so dem Nebel und der langen Nacht.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2018

Schattenspiel

Es spielt der Wind mit Blättern, Zweigen
der alten Esche vor dem Haus,
und Sonnenstrahlen Schatten zeigen
die sich abwechselnd heben, neigen.
Ein muntres Spiel wird so daraus.

Im Zimmer tanzt es auf den Wänden.
Wo sonst nur mattes Gelb besticht,
ein Reigen, der mit Blätterhänden,
so lieblich, sanft, er mag nicht enden
erblüht hier durch der Sonne Licht.

Und auf den Zweigen, eine Meise,
sie übernimmt den Solopart,
hüpft zierlich wie es ihre Weise,
von Ast zu Ästchen, putzt dann leise
sich ihr Gefieder rein und zart.

© Ingrid Herta Drewing, 2018

Verwandlung

Jetzt renoviert man die Fassade,
und alle Fenster sind verhängt,
nichts blüht mehr auf der Balustrade,
das Leben scheint zurück gedrängt.

Zur Höhle wird dir dein Zuhause.
Wie schön wär‘ Urlaub jetzt am Meer,
wo Wind und Wellen im Gebrause,
am Strand der Blick ins Weite hehr!

Fühlst wie ’ne Raupe dich verwoben,
getrübt das Licht nur zu dir dringt.
Der Sommer, der ins Hoch gehoben,
nun draußen leicht und sonnig schwingt.

Zwei Wochen wird der Spuk noch trügen,
dann hat das Haus ein neues Kleid,
und du, ein Schmetterling, darfst fliegen
ins helle Licht der Sommerzeit!

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2018

Spätherbst

November-Tage tragen dies‘ Verstummen;
fast bleiern liegt dann Stille auf dem Land,
wenn Nebel, der ein Meister im Vermummen,
Grau-Schleier um die kahlen Bäume band.

Da kriecht die Einsamkeit vorbei am Fenster,
das hier vergebens giert noch nach dem Licht
der Sonne, und wie schwarze Spukgespenster
zwei Krähen auf dem Zaun dort, dicht an dicht.

Als habe irgendwer die Zeit gestohlen,
den Raum fixiert in diesem trüben Bild,
erscheint das Leben starr; kein Atem holen
den Augenblick hier mit Bewegung füllt.

Doch wir, geborgen sind zu Haus am Feuer,
geschützt vor nassem Nebel-Ungeheuer!

© Ingrid Herta Drewing

Kälteeinbruch

Wetterkundler uns berichten,
ab vierhundert Meter Höh‘
gebe es den ersten Schnee.
Gar nicht mag man das, mitnichten!

Zeit wird’s wohl für Winterreifen,
falls der Schnee so früh nun fällt,
sich die Kälte schon einstellt.
Ja, man kann es kaum begreifen!

Üppig glänzt der Farben Pracht,
schmückt das Laub doch Büsche,Bäume,
Sonne schenkt noch helleTräume,
wenn sie mittags golden lacht.

Dennoch Nacht zeigt kalt Gesicht,
und es fröstelt meist‘ am Morgen.
Du fühlst dich zu Haus geborgen;
hier wärmt Feuer dich und Licht.

Schnell räum‘ man nun Obdachlosen
eine warme Heimstatt ein.
Draußen sollte keiner sein,
auch wenn falsch sind die Prognosen!

© Ingrid Herta Drewing

Tropisch

Es ist so schwül und heiß der Sonne Blecken.
Da such‘ ich Kühlung, Schatten, bleib‘ im Haus,
verkriech‘ mich dort wie eine Weinbergschnecke,
mach’s mir gemütlich in der Kuschel-Ecke
und lese meinen Lieblings-Schmöker aus.

Der Ventilator summt sein leises Lied,
bewegt die Luft im Raum; sein frischer Wind,
der stetig wehend zu mir hin nun zieht,
kühlt mir die Stirn, ist Labsal für’s Gemüt.
Wohl temperiert wird da mein Leben lind.

Und wenn die Nacht erwacht, im Dunkelblau
am Himmel Sichel-Mond und Sterne grüßen,
weil‘ ich auf dem Balkon, die Luft ist lau.
Im Windlicht-Schimmer glänzt die Blütenschau
und darf mir duftend hier die Zeit versüßen.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Huis te Groede

So kantig,wie ein Schiffsbug wirkt dies‘ Haus
mit seiner kargen Front auf ersten Blick.
Doch weisen Garten und sein Inn’res aus,
dass hier auch waltet schöner Sinn, Geschick.

Ein kleines Vogelparadies der Garten,
romantisch ist er, fast Natur belassen,
und Blütenbilder heimelig da warten
auf Ruhe-Inseln, sonniger Terrasse.

Nostalgisch fühl ich noch die Poesie,
dem einstmals die Erbauerin verbunden.
Natur und Kunst, vereint in Harmonie,
versprechen mir beschaulich schöne Stunden.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Schwebe

Hoch in die Lüfte sich erheben,
so sanft im blauen Himmel schweben
wie diese Taube, die der Aufwind trägt;
in Leichtigkeit sich neu erleben,
vergessen, was ein Mensch, stets sorgend, wägt.

Beim Segelflug und Gleitschirm-Fliegen
mag mancher sich im Blauen wiegen,
ermöglicht durch die Technik; kurze Zeit
scheint er die Schwerkraft zu besiegen
und fühlen, seine Flügel tragen weit.

Jedoch gebunden hält die Erde
uns fest mit unsrem “ stirb und werde”.
Wir sind für langes Fliegen nicht gemacht.
Denn dort im Schutz der Menschen-Herde,
da wohnen wir behaust und gut bedacht.

© Ingrid Herta Drewing, 2013

Unbehaust

Der Abend schlummert schon in den Zypressen,
die schattig grün wie Wachsoldaten stehen,
als habe man sie und das Haus vergessen,
in dem sich selten nur ein Mensch lässt sehen.

Nur hin und wieder öffnet sich die Tür.
Verwalter prüft, ob alles ist im Stand,
damit der Eigentümer sommers hier
sich wohl fühlt in dem ihm sonst fremden Land.

Der Dörfler Sorgen kümmern ihn dort kaum.
Er wird wohl hier nicht wirklich Wurzeln schlagen.
Das Haus ist für ihn nur Besitz, ein Raum.
Die Immobilie dient als Geldanlage.

Er ist trotz vieler Häuser unbehaust,
weil ihn das Kapital lockt stets hinaus.

Ingrid Herta Drewing