Wunschdenken

Dort oben über Schnee
und Felsen in den Lüften
schwebt sanft er in der Höh’,
fern dunkler Erdenklüfte.
Der Kondor segelt frei,
nichts scheint ihn einzuengen,
was irdisch noch bedrückt.
Mir scheint es, dass er sei
von allem weit entrückt,
was ihn bedroht mit Zwängen.

Könnt’ ich doch Vogel gleich
mich in die Lüfte schwingen,
in diesem lichten Reich
leicht schweben, fern der Dinge,
des Alltags Einerlei,
mich in die Höh’ entwindend,
im Aufwind sanft zu fliegen;
nichts, was mich lähmend bindet;
würd’ mich im Winde wiegen
von allen Lasten frei.

© Ingrid Herta Drewing