Der rabenschwarze Ritter
Sein schwarzes Haar
glich glänzend einem Raben,
sein Augenpaar
ein Leuchten in der Nacht.
Es schien, als sei erhaben
und wunderbar
mit guten Königs Gaben
aus Mythen er erwacht.
Fremd war das Land,
verändert durch die Zeiten,
ihm unbekannt
der Menschen neue Welt.
Ihr rollend Rasen, Gleiten
er seltsam fand,
anstatt zu Ross zu reiten,
wie ’s einst bestellt.
Es fehlten Wald
und Felder, Gärten, Wiesen.
Versiegelt, kalt,
die Landschaft betoniert.
Kein klarer Fluss konnt‘ fließen,
auch wollt‘ so bald
kein Schmetterling ihn grüßen,
kein Vogel tiriliert‘.
Dort in der Stadt
traf er nun auf Passanten,
die seltsam matt
nur sah’n auf ihre Hand,
als ob sie sonst nichts kannten.
Nicht einer hat
direkt mit Anverwandten
geredet, keiner stand.
Als hätt‘ Magie
hier aller Tun beschworen,
so gingen sie
an ihm vorbei im Schritt.
Sie schienen so verloren,
als seien sie
zum Menschsein nie geboren,
nur Puppen da im Tritt.
„Ein böser Fluch
muss‘ wohl auf ihnen liegen.
Kein Blickversuch‘,
von Liebe zart erfüllt,
kein aneinander Schmiegen,
wo warm im Tuch
man sanft mag Kinder wiegen!
Nur Kälte herrscht, enthüllt!
Bin Retter ich?“,
fragt da der kühne Recke
nun so für sich,
„Bin ich dazu gedacht,
damit ich sie erwecke,
ihr Menschen-Ich
befrei aus dem Verstecke,
des Zaubers böser Macht?
Wo find ich den,
der Menschlichkeit hier raubte
und Flüsse, Seen,
die Landschaft hat zerstört,
das Schöne, lieb Geglaubte
ließ so vergeh’n,
die Pflanzenwelt entlaubte,
obwohl’s ihm nie gehört‘?“
Das Mädchen las
ihr fremd im Buch die Zeilen,
und sie vergaß
die ungeliebte Pflicht,
zum Aufräumen zu eilen.
Es machte Spaß,
in Träumen zu verweilen,
voll Rätsel der Bericht.
Wie Batman gar
wollt ihr der Mann erscheinen,
der hier nun war
als Retter in der Not.
„Könnt‘, was entzweit, er einen
und wunderwahr
wär‘ dann Natur im Reinen
und alles recht im Lot?
Doch wie sollt’s geh’n?
Wie wär die Welt zu heilen,
wenn Flüsse, Seen
nur noch Kloaken sind?
Wo würde man verweilen,
wenn nichts mehr schön,
nur Steine, Wüstenmeilen
verstauben blind im Wind?
Er kommt zu spät,
so kann er kaum noch retten,
was längst verschmäht,
von Menschen falsch gemacht,
die ihre Hochhaus-Ketten
ins Land gesät
so dicht an dicht wie Kletten,
Wald in Beton verbracht.
Jetzt ist die Zeit,
noch kann man es verhindern!
Ich bin bereit,
zu retten die Natur,
verwehr ’s, sie auszuplündern!!
Ich bin so weit
und werd‘ mit andern Kindern
hier schützen Baum und Flur!“
Erkenntnis, rein,
wird sie sie wohl bewahren?
Erwachsensein
lockt oft auf falsche Spur.
Und doch,trotz Trott nach Jahren,
seh’n ’s manche ein,
was sie als Kind erfahren,
und schützen die Natur.
© Text und Foto / Ingrid Herta Drewing,2018