Eulalia
Es saß auf einer alten Säule,
von wilder Macchie grün umrankt‘,
am Sommerabend eine Eule,
an Liebeskummer fast erkrankt.
Zum Himmel war ihr Blick gerichtet,
dort suchte sie nach ihrem Glück.
Man hatte ihr einmal berichtet
bei Vollmond kehre es zurück.
Im Silberglanz des Erdtrabanten
fände sich dann ihr Liebster ein.
So wie sie turtelnd sich einst fanden,
würd‘ er dann wieder bei ihr sein.
Obwohl die Weisheit der Athene
symbolisch Eulen angedichtet,
gibt ’s auch bei diesen Vögeln jene,
die von der Göttin nicht belichtet.
So war es wohl in dieser Szene.
Als Mondes Sichel kaum erstrahlt‘,
sagte Eulalia: „ Molto bene,
bald kommt er, das ist nicht geprahlt!“
Ihr Glaube wollt‘ nicht schwanken, wanken,
sie weilte viele Monde dort,
saß träumend nächtens, in Gedanken
flog weit sie mit dem Liebsten fort.
Ob er gekommen? Was geschehen?
Davon ist mir nun nichts bekannt.
Die Säule soll wohl noch dort stehen,
wo einst der Tempel sich befand.
© Foto und Text: Ingrid Herta Drewing