Fensterplatz

Und täglich sitzt sie dort.
Am Fenster liegt ihr Kissen.
Wer kommt und wer geht fort?
Die Neugier wird zum Sport
und wehrt dem Ungewissen.

Es wird zur Obsession,
mit Blicken zu begleiten
der Nachbarn Tochter, Sohn,
die Jagd nach Sensation
scheint Spaß ihr zu bereiten.

Und was sie so erspäht,
erzählt sie, wichtig, weiter,
sorgt so von früh bis spät
für Tratsch, der Übel sät,
Gerüchte als Begleiter.

„ Die trifft sich oft mit dem,
ist sicher fremdgegangen
Es hat, ja,trau,schau,wem,
der Neue da zudem
mit Karl was angefangen.“

Wie kalt muss Dasein sein,
wenn man sein halbes Leben
sich so macht nur gemein
und letztlich sitzt allein
als Spinne in den Weben?

© Ingrid Herta Drewing,2017

Weihnachtswichtel

Weihnachtswichtel emsig sind,
wollen Kinder froh beglücken,
und sie hämmern, nähen, stricken,
bauen, reparieren, sticken;
stets bedacht, dass nicht ein Kind
sie erspäht mit seinen Blicken.

Nico glaubt, er sei gewitzt,
könne sie bei Nacht belauschen,
wie sie miteinander plauschen,
sich mit Weihnachtspunsch berauschen,
hätte zu gern was stiebitzt,
würd‘ ihr Werkzeug mal vertauschen.

Er versteckt sich flugs im Schrank,
hört alsbald auch so ein Raunen,
kleiner Wichte frohe Launen,
und ihr Lachen lässt ihn staunen,
wie sie albern auf der Bank
sich bewerfen gar mit Daunen.

Einer spricht dann:“Ach, wie schade,
wenn wir hier nur auf den Stühlen
tollen, tanzen, albern, wühlen,
gibt’s für Nico nichts zum Spielen!
Doch die Arbeit wird uns fade,
wenn ein Mensch mag nach uns schielen!“

Nico hört ’s und wird ganz blass.
Wird er wirklich müssen darben?
Keine schönen Weihnachtsgaben,
Süßigkeiten, sich zu laben?
Mutig ruft der Junge,dass
er doch nichts gesehen habe.

Was die Wichtel dann gemacht,
das weiß nun auch Nico kaum.
Er wacht auf aus seinem Traum,
ist recht froh, dass dies‘ nur Schaum,
was er hörte in der Nacht.
Überm Bett jedoch schwebt sacht
einer Daunenfeder Flaum.

Nico sieht’s und hofft bedacht,
dass doch unterm Weihnachtsbaum
ein Geschenk auch ihn anlacht.

© Ingrid Herta Drewing

Schattenwelt

Sie hören
das Gras wachsen
und sehen
die Wiese nicht.

Sie kaufen
Plastikblumen,
reinigen sie
regelmäßig.

Sie platzieren
Porzellanpuppen
artig
auf dem Sofa
und bemerken nicht,
dass sie bereits
tot sind.

© Ingrid Herta Drewing