Nomade

Mein Auge schmerzt, es hat zu viel gesehen,
bedarf der Ruhe wohl, ersehnt den Schlaf.
Die Füße, sie sind wund vom langen Gehen,
vom Warten und vom in der Schlange Stehen.
Ich fühle mich wie ein verlor’nes Schaf.

In allen Wettern, fern der fetten Weiden
mich mühend, auch in steinigem Gelände
das Grün zu suchen, keine Disteln meiden,
zu stillen jenen Hunger, Not und Leiden
im Hoffen, dass sich doch ein Pflänzchen fände.

Bin sesshaft nun; die Sonnenuntergänge
erleb‘ ich, stets gefasst, am gleichen Ort.
Ich male schön mir meine sich’re Enge,
beklage nicht des Alltags graue Zwänge,
Nomade noch in Phantasie und Wort.

© Ingrid Herta Drewing

In der Fremde

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Zurückgeworfen
auf den brüchigen Stufen
kletterst du weiter,
suchst noch immer deinen Weg,
ein Nomade ohne Pferd.

Der Steppe Weite
unter den blauen Himmeln
hast du verloren,
und in den Hochhausschluchten
welken die Tage dahin.

Du träumst von Rückkehr,
der roten Abendsonne
dort am Horizont
und bestaunst den Löwenzahn,
dessen Kraft den Asphalt bricht.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2018

Mongole

Ich trage den blauen Himmel in mir,
die Weite, dies Steppenlied
des Windes, der in Gräsern spielt
und wirbelnd in den Mähnen wühlt.

Die Pferdeherde, die leichthin zieht
beglückt mein Nomadengemüt.

© Ingrid Herta Drewing,2017

Nomade II

Auf dem Asphalt
grau und brüchig
die Last der Jahre,
ohnmächtiges Warten
auf ein Morgen.

Die Taube
kennt ihren Weg
nach Hause;
aber du,
von vielen Wassern geworfen
in die Brandung des Lebens,
ziehst,
den Sturmvögeln gleich,
rastlos
von Klippe zu Klippe
im endlosen Meer.

© Ingrid Herta Drewing