Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit

In jener Nacht, als fahle Mauern fielen,
die viele schreckten, manche stumm gemacht,
da durfte dieses Bild von Einheit zielen
auf alles, was gemeinsam war, hier spielen
mit Jubel, Freudentränen, neu erwacht.

Es lagen sich die Menschen in den Armen.
Man konnte wieder Bruder, Schwester sein,
und keiner klagte da von neuem Carmen;
denn Glück und Hoffnung schenkten ihren warmen,
wohligen Mantel, der uns hüllte ein.

Der Deutschen Einheit neu nach so viel Jahren,
sie kam uns vor, als sei‘ s ein schöner Traum,
und mancher war sich deshalb nicht im Klaren,
dass Änderungen folgen; ein Bewahren
von allem lieb Gewohnten gab es kaum.

Wo Planwirtschaft bestimmte einst das Sagen,
da zog nun rasch Kapitalismus ein.
Mit DM schwoll so manchem da der Kragen,
Konsum bestimmte, schnell ließ sich was wagen,
manch Existenzen blühten, andre brachen ein.

Schon dreißig Jahre sind ins Land gegangen,
seit Ost und West sich wieder zugesellt.
Die Wirtschaft boomt, so darf man doch verlangen,
dass endlich wir in unsrem Land erlangen
für gleiche Arbeit gleiches Lohn-Entgelt!

Politisch ist man weiter fortgeschritten.
die Kanzlerin, im Westen reüssiert‘,
kommt aus Meck-Pomm im Osten, unbestritten
wird weltweit anerkannt und gut gelitten,
seit vielen Jahren sie nun schon regiert.

Doch droht erneut ein Wahn das Land zu spalten,
es wächst die Kluft, trennt hart hier arm und reich.
Und aus dem Riss der Fugen kriechen hoch die alten
von Fremdenhass vergrätzten Spukgestalten,
tun es Nationalisten andrer Ländern gleich.

Mir scheint, die Macht der Neoliberalen
hat wie die Bankenkrise auch dazu geführt,
dass (zudem wegen hoher Flüchtlingszahlen)
sich viele EU-Bürger schwarz ausmalen,
man werde falsch von Brüssel aus regiert.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Kamingeschichten

Das letzte Holzscheit glühte im Kamin
und wärmte uns, nicht ließ uns Kälte schaudern.
Gemütlich wars, die Zeit schien uns zu flieh’n,
wir saßen nah‘ beisammen, um zu plaudern.
Da ward geklönt von dunklen, alten Zeiten,
als noch der Aberglaube war im Schwang
und Geister konnten Wanderer falsch leiten,
wenn sie ihr Weg geführt am Moor entlang.

Von seinen Ahnen mochte wer erzählen,
denen ein Alp zur Nacht den Schlaf geraubt,
wenn er mit trüben Träumen konnte quälen,
so arg, dass sie es selbst ja kaum geglaubt.
Von Wundern, Prophezeiung war die Rede,
auch kannte wer sich gut in Sagen aus
und sprach von Raub und böser Ritter Fehde,
die Burgruine sei Gespensterhaus.

Da sei ein Bursche einstmals ohne Zaudern
zur Nacht begegnet einem weißen Geist
und habe dort, obwohl ihn plagte Schaudern,
das Wesen angesprochen, fragend dreist,
wo sich der Ritter goldner Schatz befinde,
ob’s wahr sei, was im Dorf gesprochen wird,
dass er vergraben sei dort bei der Linde
von einem Burgherrn, der als Geist hier irrt.
Er sei gekommen, wolle ihn erlösen,
er habe auch ein heilig Kreuz dabei,
damit errette er den einstmals bösen
von Gier gejagten Ritter, der dann frei.

Was dann genau er tat, ist unbekannt.
Man munkelt, er sei plötzlich reich geworden.
Jedoch kein schönes Leben er noch fand .
Ihn hätten in den Raunächten die Horden
geholt zu wildem Ritt in Sturm und Nacht;
es habe ihm das Geld kein Glück gebracht.
Und manchmal,wenn der Linde Blätter wehen
im Herbstwind, komm’s den Burgbesuchern vor,
als hörten sie dort eine Stimme flehen
und sagen:“ Ach, was war ich für ein Tor!“

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing

Schere im Kopf

(Zum Tag der Arbeit)

All das Gerede, rosa Limonade!
Nach jedem Trunk erwacht erneut der Durst.
Geheuchelt wirkt Bedauern, ach, wie schade!
Es scheint, euch ist das Leid der Andern Wurst.

Beschwichtigend, Gesülze auf den Lippen
nährt ihr doch nur des Hochmuts Eitelkeit.
Genießt in vollen Zügen, andre nippen
bescheiden, was als Armuts-Rest bereit.

So kann auf Dauer wohl kein Staat bestehen,
wenn man die Basis schwächt, die ihn erhält.
Artikel Vierzehn, zwei, GG sollt stehen
vor Augen jenen, denen’s reich gefällt.

Es muss der Mensch von seiner Arbeit leben können,
sonst stirbt, was wir gern das Gemeinwohl nennen.

© Ingrid Herta Drewing

Abgehoben

„Du bist arm? Sei froh,
denn Reichtum macht nicht glücklich!“,
sagen die Reichen,
verkriechen sich in Burgen
geschützter Annehmlichkeit.

„Wer will,kriegt Arbeit!
Er muss sich nur verdingen
im Ein-Euro-Job.“
Angebot und Nachfrage
erklärt zum Naturgesetz.

Marktmacht-Religion;
die Neoliberalen
und Plutokraten,
sie lenken, stellen Weichen,
und das Gemeinwohl entgleist.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Schere im Kopf

All das Gerede, rosa Limonade!
Nach jedem Trunk erwacht erneut der Durst.
Geheuchelt wirkt Bedauern, ach,wie schade!
Es scheint, euch ist das Leid der Andern wurst.

Das Marketing-Gesülze auf den Lippen
nährt ihr doch nur des Hochmuts Eitelkeit.
Genießt in vollen Zügen, andre nippen
bescheiden, was als Armuts-Rest bereit.

So kann auf Dauer wohl kein Staat bestehen,
wenn man die Basis schwächt, die ihn erhält.
Artikel Vierzehn, zwei, GG sollt stehen
vor Augen jenen, denen’s reich gefällt.

Es muss der Mensch von seiner Arbeit leben können,
sonst stirbt, was wir gern das Gemeinwohl nennen.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Sprichwörter abgeklopft

Lügen haben kurze Beine?
Lange haben sie ,wenn Scheine,
Macht ihr Dasein fein kaschieren,
während viele arme Schweine
selbst bei Wahrheit nur verlieren.

Morgen,morgen, nur nicht heute!
Heute machen wir noch Beute,
morgen sind wir ehrlich,
meinten unverschämt die Räuber,
sonst sei’s zu beschwerlich.

Wer Andern eine Grube gräbt,
dem wünscht man, er fiel‘ selbst hinein.
Doch leider lehrt uns die Erfahrung,
dass dies dann trifft nur selten ein.

Statt dessen darf da triumphierend
er stolz mit seinem Blendwerk stehen,
weil trickreich er,manipulierend,
verschleiern konnte sein Vergehen.

Es lassen sich viel‘ Schafe locken
von dem, der grünes Gras verspricht;
zu spät beginnen sie zu bocken,
wenn schon besiegelt ihr Verzicht.

© Ingrid Herta Drewing

Hirtenlied II

Die Botschaft vom Frieden,
wir hörten sie gern
und folgten der Weisung
zum leuchtenden Stern.

Wir hofften, es weiche
nun Kummer und Harm,
dass nicht nur der Reiche
sich bette hier warm.

Im ärmlichen Stalle
wir fanden das Kind.
Es lag in der Krippe
bei Esel und Rind.

Und doch war ein Singen,
ein Leuchten im Raum;
das tat uns bezwingen.
Wir atmeten kaum.

Dies Wunder der Weihnacht,
es nahm uns ganz ein,
dass Gott uns das Heil bracht’,
ein Kindlein so rein.

Und andächtig sanken
wir sanft auf die Knie,
in Demut zu danken,
voll Freud’, Harmonie.

Ja, wir armen Hirten
erfuhren sogleich,
auch wenn wir oft irrten:
Wer liebt, der ist reich!

Ingrid Herta Drewing